Zeitreise in das alte Lehel: Die verschwundene Welt

Lehel - Das Lehel von heute ist ein feines Pflaster: Die Altbauten sind teuer saniert, es gibt angesagte Läden und glatt polierte Oberflächen. Fast vergessen ist die Zeit, in der die Floßlände am Lehel ein großer Umschlagplatz für Waren war. Passagiere wurden von hier per Floß sogar bis nach Wien befördert.
Das neue Buch "Lehel" von Richard Bauer lädt zu einer Zeitreise ins alte Lehel ein. Die Fotos ab 1860 zeigen eine verschwundene Welt: ein rätselhaftes Durcheinander von Werkstätten, Krautgärten, Mühlen, Holzbrücken, Sommervillen, Bierwirtschaften, Lagerflächen und Stadtbächen.
Das Lehel früher und heute: Ein Gegensatz
Darunter sind seltene Zeugnisse aus dem vorindustriellen "Lechel": hölzerne Klein- und Kleinsthäuser der sozial zurückgesetzten Bevölkerung. Männer und Frauen verdingten sich als Taglöhner in Wäschereien, in der Holzwirtschaft oder den zahlreichen Mühlen.
Das ärmliche Milieu von damals, die Ställe, die bescheidenen Handwerker-Werkstätten, stehen im Gegensatz zu dem eleganten Lehel von heute mit seinen großbürgerlichen Wohnhäusern, monumentalen Museen und Regierungsgebäuden - durchzogen von den großen und protzigen Schneisen Maximilian- und Prinzregentenstraße. 1864 landeten noch jährlich über 10.000 Flöße in München an. Ihre Fracht bestand aus Holz, Torf, Holzkohle und Kalk. Die vielen Bäche im Lehel führten im 19. Jahrhundert dann zur Gründung von luxuriösen Bädern. 1890 wurde auch der Stadtbach vor dem Prinz-Carl-Palais überwölbt, mit Beginn des U-Bahn-Baus in den 60er Jahren alle anderen. Die Mühlen und Krautgärten verschwanden.
Im 20. Jahrhundert, als die Nationalsozialisten 1937 das "Haus der Deutschen Kunst" einweihten, als neoklassizistisches Gebäude mit Freitreppe und Säulen, taufte es der Volksmund "Hauptbahnhof von Athen" als krasse Fehlplanung, da der antikisierende weiße Marmor ohne Verbindung stand mit der sanften Parklandschaft des Englischen Gartens im Hintergrund.
Richard Bauer: Lehel, Volk Verlag, 24,90 Euro.