Wird die Heyse-Villa abgerissen?

Der Chef des Haushaltsgeräteherstellers, Reinhard Zinkann, plant an der Stelle des Dichter-Hauses möglicherweise ein fünfstöckiges Gebäude - doch es gibt Widerstand.
von  Thomas Gautier, Adrian Prechtel
Die Paul-Heyse-Villa liegt in der Luisenstraße.
Die Paul-Heyse-Villa liegt in der Luisenstraße. © Martha Schlüter

München - Heutzutage würde man sagen: Paul Heyse hatte es echt drauf. Der Dichter gewann als erster deutscher Schriftsteller den Nobelpreis. Die Frauen liebten ihn. Mit Freunden wie Franz von Lenbach, Theodor Fontane, Maler Adolph von Menzel oder Komponist Johannes Brahms feierte Heyse in seiner klassizistischen Villa direkt am Königsplatz.

Solche Häuser bleiben meist in der Hand erfolgreicher Männer. Nach Kriegsende kaufte sie der Farbfabrikant Ludwig Rosner, der in einem flachen Nachkriegsbau vor der Villa in der Luisenstraße 22 Lacke und Beize verkaufte. Vor einigen Jahren verkauften seine Erben das Haus an Reinhard Zinkann – der ist Chef des Haushaltsgerätekonzerns Miele. Mit dem Waschmaschinen-Mogul endet vielleicht die glamouröse Geschichte der „Heyse-Villa“.

Zinkann plant auf dem 1300-Quadratmeter-Grundstück möglicherweise ein fünfstöckiges Gebäude bauen. Diese Option ist zumindest denkbar. Die Pressesprecherin von Miele bestätigt auf Nachfrage des „Immobilienreports München“: „Für die Liegenschaft, bei der es sich um das private Eigentum von Dr. Reinhard Zinkann handelt, werden derzeit Nutzungsoptionen und deren Realisierbarkeit geprüft.“

In einem schriftlichen Statement seitens der Besitzer-Seite vom August heißt es jedoch auch: „Das im Zweiten Weltkrieg erheblich zerstörte Gebäude auf dem Grundstück Luisenstraße 22 in München befindet sich nach seinem Wiederaufbau und den Umbaumaßnahmen durch den Vorbesitzer bautechnisch auf dem Stand der 1950er Jahre und ist heute unzweifelhaft stark sanierungsbedürftig. Ziel war und ist eine bauliche Lösung, die eine architektonisch ansprechende künftige Nutzung zulässt und dem würdigen Andenken an den Ort, an dem Paul Heyse gelebt und gearbeitet hat, einen angemessen Raum gibt. Hierzu wurden vom Architekten aktuell mehrere Ideen unterschiedlichen Inhalts entwickelt, die im Dialog mit Vertretern der Stadt lösungsorientiert erörtert werden sollen. Der bereits für den 4. Juli 2013 vereinbarte Termin musste leider von Seiten der Vertreter der Stadt München krankheitsbedingt abgesagt werden. Ein Ersatztermin steht noch aus.“

Zinkanns Problem: Die Villa ist wohl denkmalgeschützt. 2012 beantragte er über eine Grundstücksfirma, diesen Status aufzuheben. Dazu legte er ein Gutachten vor, das besagt: Die Villa sei im Krieg zu sehr beschädigt worden und nicht mehr denkmalschutzwürdig.

Die Stadt lehnte ab, Zinkann klagte vorm Verwaltungsgericht. Ergebnis: „Es ist nichts entschieden“, sagt Oskar Holl, Chef des Bezirksausschusses Maxvorstadt. Die Stadt solle ihren Baubescheid überarbeiten. Holl sei darin „involviert“ und weiß, was dabei rauskommen wird: Man werde „sehr wahrscheinlich nachweisen, dass die Villa weiterhin denkmalgeschützt bleiben muss“.

Wer ist der Mann, die Villa vom Münchner Stadtplan wischen will? Zinkann ist 53, liebt die Jagd, Skifahren, Oldtimer und Oper. Abitur am Internat Salem, Studium der Wirtschaftswissenschaften, Geschichte, Musik und Philosophie, unter anderem in Harvard. Seit 2004 Geschäftsführender Gesellschafter von Miele (3 Milliarden Euro Umsatz). Zinkann hat einen Sohn aus erster Ehe mit einer Münchnerin. 2012 heiratete er zum zweiten Mal.

Gegen diesen Mann wächst der Widerstand: Anwohner und BA wollen den Abriss verhindern. „Wir schicken einen Appell an die Stadt. Es soll alles versucht werden, die Villa zu erhalten“, sagt BA-Chef Oskar Holl. Die Villa müsse denkmalgeschützt bleiben: „So, wie sie jetzt da steht, entspricht sie ziemlich genau der Form, die König Ludwig I. damals genehmigt hat.“

In einem offenen Brief schreibt ein Anwohner an Zinkann: „Sie stammen aus einer Familie, die zurecht viel auf Tradition und das Bewahren von Werten gibt. Ihr Familienunternehmen ist doch gerade deshalb am Markt so erfolgreich, da Sie nicht auf die schnelle Mark setzen“, sagt Corel B. „Verspielen Sie nicht den guten Ruf, den die Firma/Familie Miele auch in München genießt.“

Auf az-muenchen.de schreibt Leser „Thomas“: „Dieses Haus steht für einen historisch wichtigen Kulturaustausch von Künstlern um die Jahrhundertwende, der München nachhaltig geprägt hat“. Und Leser „MUCmuc“ ärgert sich: „Hier soll wieder mal die Abrissbirne schwingen. Platz schaffen für austauschbare, seelenlose Klötze.“

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