Wie geht es weiter mit der SEM in Daglfing?

Daglfing - Ein neues Viertel für bis zu 30.000 Münchner und 10.000 Arbeitsplätze plant die Stadt auf rund 600 Hektar Grün- und Ackerfläche im Münchner Nordosten. Nur wollen viele Landwirte, die auf dem Gelände schon seit Generationen säen und ernten, das auch in Zukunft tun.
Was ihnen Sorge macht: Mit dem Instrument "Städtebauliche Entwicklungsmaßnahme" (SEM), die der Stadtrat dort ausgewiesen hat, könnten unwillige Grundbesitzer enteignet werden.
So fürchtet zumindest mancher vor Ort - die Stadt-Spitze hat das stets von sich gewiesen.
Solche Sorgen treiben auf jeden Fall auch die Bauern in Feldmoching um, weshalb sich die Betroffenen im Münchner Norden und Nordosten vor Jahren schon in der Initiative "Heimatboden" organisiert und 2018 eine Petition beim Bayerischen Landtag eingereicht haben.
Traktor-Kutschen-Rundfahrt für Abgeordnete
Am Montag machten sich Abgeordnete der zuständigen Ausschüsse "Petitionen" und "Wohnen, Bauen, Verkehr" bei einer Traktor-Kutschen-Rundfahrt ein Bild.
Weite, wogende Wiesen, Braugersten- und Maisfelder, Baum- und Gehölzgruppen - im Hintergrund das Heizkraftwerk Oberföhring, das Hochhaus der "Süddeutschen Zeitung", das Dornacher Industriegebiet.
Diese Impressionen boten sich den Abgeordneten, und Landwirt Johann Oberfranz konnte ihnen genau erklärten, wo nach städtischen Plänen mit der Bebauung begonnen werden soll, wo einst ein Badesee liegen und eine ökologische Vorrangfläche ausgewiesen werden sollen, auf der Kiesabbau erlaubt ist.
Ein Acker wird als "Freizeitfläche" ausgewiesen
"Es ist naheliegend, dass das aktiviert wird bei der Riesenbaustelle daneben", fürchtet Oberfranz. Für ihn ist die Gegend Heimat und Erwerbsquelle zugleich, die er von seinem Daglfinger Kotterhof, der 1305 erstmals urkundlich erwähnt wurde, bewirtschaftet.
Verwundert erfuhren die Abgeordneten, dass ein großer Acker, auf dem Braugerste für Augustiner sprießt, planungsrechtlich als "Freizeitfläche" ausgewiesen ist. "Das ist Trickserei, um die Grundstückspreise zu verschleiern", meint Oberfranz.
Es ist nicht das einzige große Grundstück, welches für gutes Geld an die Stadt oder andere Investoren wechselte. Zudem, erstmals beantragte die Stadtrats-SPD laut Oberfranz 1994, die Flächen in Johanneskirchen und Daglfing zu bebauen.
Laut Rechtsanwalt Benno Ziegler, der Heimatboden betreut, gibt es im ganzen Verfahren um die SEM so einige rechtliche Ungereimtheiten.
Beispielsweise scheide für eine Entwicklungsdauer von Jahrzehnten - die das Planungsreferat für den Bereich ansetzt - eine förmliche Städtebauliche Entwicklungsmaßnahme aus.
Verletzt die Stadt die Rechtsstaatlichkeit?
Zudem sei der leitende Verwaltungsdirektor der SEM im Gutachterausschuss für die Bodenrichtwerte gesessen.
Das Ziel der Stadt, Grund billig von Altbesitzern zu erwerben, verletze mindestens zweimal die "Rechtsstaatlichkeit", beispielsweise bei der Bewertung der Grundstückspreise. Die Petition selbst ist allerdings eher symbolischer Natur.
Ihr Ziel ist es, das Vertrauen in die Arbeit des Gutachterausschusses der Stadt wiederherzustellen, so die Petenten, und darauf, dass die Verwaltung sich ausschließlich an Recht und Gesetz orientiert, wiederherzustellen.
Die Landtagsabgeordneten beraten nun, ob sie dies übernehmen.