Widerstandsdenkmal in München: Ein Aufschub ist möglich

Neuhausen - "Das sind Menschen, die als Einzelne ihr Leben riskiert haben, im Widerstand gegen den Nationalsozialismus", sagt Wolfram P. Kastner.
Am Donnerstag hatte der Künstler, der vor allem auch für seine alljährliche Gedenkaktion an die Bücherverbrennungen der Nazis bekannt ist, mit einigen Mitstreitern zum Widerstandsdenkmal am Platz der Freiheit in Neuhausen eingeladen. Die 13 Stelen wurden gereinigt und gepflegt.
Außerdem wurden einige Tafeln mit Porträts und Biografien von Personen des Widerstands gegen das Naziregime ausgetauscht. Es gab eine Lesung und Musik - und ein großes Thema: Den aktuellen Stand zur Frage, ob das Denkmal wirklich Ende Oktober verschwinden muss.
Widerstandsdenkmal in Neuhausen - Diskussion schwelt schon lange
Diese Diskussion schwelt schon lange. In einem Beschluss des Kulturausschusses von 2017 sei festgelegt, so Kastner, dass es nur bis zum 31. Oktober dieses Jahres dort stehen darf, dann muss die Installation abgebaut werden.
Die Begründung dafür hat Kastner seit jeher nicht überzeugt. Unter anderem hieß es, der Platz müsse frei bleiben für mögliche temporäre Kunstaktionen zum Thema "Freiheit" generell. "Es gab aber überhaupt keine Interessenten und Pläne", sagt Kastner.
Und: "Welche allgemeine Freiheit soll das sein?“, fragt er. "Die freie Fahrt für freie Bürger?" Für ihn ist klar: "Der Platz wurde 1946 von Von-Hindenburg-Platz umbenannt. Hier geht es ganz klar um die Freiheit vom Nationalsozialismus."
Mittlerweile sei die Geschichtswerkstatt Neuhausen beauftragt worden, ein Konzept zur Geschichte des Platzes zu entwickeln, das dort umgesetzt werden könnte, meint er. Für ihn kein Problem, es sei genug Platz. "Man könnte so etwas daneben ergänzend aufstellen", so Kastner. "Wir sollten nicht gegeneinander arbeiten, sondern miteinander."

Jennifer Becker, Sprecherin des Kulturreferats, erklärt: "Das Denkmal war nie als dauerhafte Installation geplant." Wenn der Stadtrat über dauerhafte Kunst und Gedenken im öffentlichen Raum entscheide, dann geschehe das mit einem Wettbewerb und einer Jury. Dass aus einem temporären Projekt eine dauerhafte Installation werde, sei einfach ein sehr unübliches Vorgehen. "Es gibt auch andere Projektgruppen, die hier Interesse hätten."
Das Denkmal hat viele Unterstützer
Kastner sagt: "Das ist ein Arbeitskreis und nicht nur ich, das ist kein Kastner-Werk." Das Denkmal habe viele Unterstützer, von der Weißen-Rose-Stiftung und der Israelitischen Kultusgemeinde bis zum Gründungsdirektor des NS-Dokuzentrums und jetzigen Präsidenten der Akademie der Schönen Künste, Winfried Nerdinger, sagt Kastner.
Hunderte Unterschriften wurden gesammelt, zwei Mal hätten sich die Bürgerversammlungen dafür ausgesprochen. Bisher blieb es bei der Abbau-Vorgabe.

Das könnte sich bald ändern. Wie das Kulturreferat der AZ bestätigt, ist zumindest ein Aufschub möglich. Weil es einen entsprechenden Auftrag aus der Bürgerversammlung gibt, wird sich der Stadtrat am 4. Juli mit dem Thema beschäftigen, erklärt Becker.
Der soll dem Kulturreferat erlauben, das Denkmal stehenzulassen, bis klar ist, wie man am Platz der Freiheit weiter vorgeht, auch mit möglichen anderen Projekten. Auch Gespräche mit dem BA sind geplant.
Klaus Peter Rupp, kulturpolitischer Sprecher der Rathaus-SPD, will sich für Kastners Sache einsetzen: "Ich bin der Meinung, dass das ein sehr gelungenes Denkmal ist, das dort verbleiben kann", sagt er. "Wir werden eine sinnvolle Lösung finden."
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