WG ins neue Leben

Ludwigsvorstadt - Erfan ist diese Woche für das Wohnzimmer zuständig. So steht es jedenfalls auf dem gelben Klebezettel am Putzplan, der hier an der Wand hängt.
Die WG in der Schwanthalerstraße gibt es erst seit wenigen Wochen, aber die Organisation haben die drei Bewohner (insgesamt sollen einmal acht junge Männer hier wohnen) schon im Griff.
Erfan, Mohsen und Reza stammen aus Afghanistan, alle drei sind allein nach Deutschland gekommen. Der 18-jährige Erfan hat, seit er vor zweieinhalb Jahren die Flucht angetreten hat, keinen Kontakt mehr zu seiner Familie.
Damit die Burschen jetzt, am Ende ihrer Flucht, endlich den Weg in das Leben in München finden, hat die Theatergemeinde TheaGe vor vier Monaten beschlossen, die Räume in ihrem Haus in der Schwanthalerstraße für eine integrative WG zur Verfügung zu stellen.
Als Partner hat die TheaGe den Verein für Sozialhilfe (VfS) gewonnen. Zum einen kümmern sich die Mitarbeiter um die Auswahl der Bewohner – denn nicht jeder junge Mann, für den das Jugendamt anfragt, bekommt einen Platz.
„Das ist hier eine niedrigschwellige Einrichtung, deshalb braucht es schon ein gewisses Maß an Selbstständigkeit“, erklärt Ursula Koschnick, die die Abteilung für Erziehungshilfe des VfS leitet.
Vor Ort sind drei Mitarbeiter der Erziehungshilfe München, eines Tochtervereins der VfS, abwechselnd da. Sie helfen bei Behördengängen oder Arztbesuchen. Vor allem aber kümmern sie sich um die Integration. Eine von ihnen ist Piroschka See.
Sie erzählt: „Einmal in der Woche kochen wir zusammen, dabei reden wir auch über das soziale Leben im Alltag.“ Wie reagiert man richtig, wenn es mit dem Chef einen Konflikt gibt? Wie spricht man am besten ein Mädchen an, das einem gefällt?
Finanziert wird das Projekt aus städtischen Mitteln in Tagessätzen. Die Stadt hat auch den Betreuungsschlüssel ermittelt. „Wir sind froh über solche kleinen dezentralen Projekte, mit denen die Lücke zur Selbstständigkeit während der Anerkennungsverfahren geschlossen wird“, sagt Bürgermeisterin Christine Strobl (SPD).
Voraussetzung für einen Platz in der WG ist auch ein Platz in einer Berufausbildung. Alle drei Bewohner gehen zur Berufsschule, Mohsen hat sich beispielsweise bei MAN beworben, Erfan will Bankkaufmann werden, Reza Elektroniker. So soll gesichert werden, dass die jungen Männer bald möglichst selbstständig in München leben können.
Und: „Wir brauchen diese jungen Leute auf unserem Arbeitsmarkt. Ohne die Zuwanderer könnten wir beispielsweise kein einziges der Altenheime in München am Leben erhalten“, sagt Christine Strobl. Unaufgeregtheit in der ganzen Sache bräuchte es ihrer Meinung nach vor allem, um die Aufgabe der Integration zu bewältigen.
Die WG muss jetzt ihren Rhythmus finden, die Burschen sollen sich hier einleben. Eine der Stärken: Deutsch sprechen können alle drei schon recht gut.
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