Wenn Frau Chilli mit dem Drachen kämpft

Moosach - Der Theaterraum der Arche in Moosach ist gesteckt voll: Alle Kinder wollen „Unsere Abenteuerreise um die Welt“ sehen, durch die Frau Gürtelschnalle – gespielt von der elfjährigen Kaddy – sie charmant führt. Frau Gürtelschnalle hat viel Text, so viel, dass sie besser abliest. Weil sie vorher geübt hat, klappt das fehlerfrei.
Kaddy ist das älteste der acht Kinder, die seit September zusammen geprobt haben. Zwischen 8 und 11 Jahre sind sie alt und fast täglich in der Arche in der Brieger Straße. Hier gibt’s ein kostenloses Mittagessen, Hausaufgabenbetreuung und Freizeitangebote wie Theater für täglich rund 50 Kinder und nochmal so viele Jugendliche. Weil die Arche-Kinder aus vielen Ländern kommen, hat sich Julia Helmbrecht, die das Theaterprojekt leitet, für eine Weltreise entschieden.
Auch wenn die Kinder lieber Trash-TV wie „Berlin Tag und Nacht“ oder Horrorfilme gucken. Am Anfang war es schwer, nicht nur am Computer zu spielen, sondern kreativ zu sein: „Kein Plan“ und „Weiß ich jetzt auch nicht“ waren zu Beginn der Proben die wohl am meisten gesagten Sätze.
Und dann diese gefeierte Premiere: Da kann Frau Chilli (Anita) „ShingShangShong“ chinesisch sprechen und verwirrt einen lustigen Drachen (Ahmet) mit Stäbchen-Kunststücken. Der war eben noch im Fernseher, den die Kinder selbst gebastelt haben, und ist nun plötzlich auf der Bühne.
„Wir haben in zwölf Treffen das Stück entwickelt und alles selbst gebastelt. Für die Kids war es schwierig, Termine einzuhalten und Dinge zu wiederholen. Jetzt bin ich so stolz auf das, was wir geschafft haben“, sagt Julia Helmbrecht.
Einem Kind war vor der Aufführung so schlecht und es hatte solche Kopfschmerzen, dass es nur hinter der Bühne spielen wollte, ungesehen von den Zuschauern. Herr Sauergurke (Luan) wedelt in einer Szene noch mit der Sauergurke und kommt zwei Minuten später als Indianer wieder. Wie das funktioniert? Er hat sich hinter der Bühne schnell das selbstgebastelte Indianerkostüm angezogen und die Gurke mit einem Bissen aufgegessen.
In Amerika geht’s natürlich zu McDonald’s, wo ein Gangster (Arber) Englisch sprechen und breakdancen kann, dass man denkt, er habe vier Beine, so schnell wirbelt er umher. Beeindruckend ist auch Frau Regenbogenblitz (Defne): Affektiert und schrill schafft sie komische Momente, singt am lautesten und tanzt am wildesten.
Auf Safari-Tour in Afrika werden Frau Cali (Faiza) mit der hohen Stimme und die Reiseleiterin von wilden Raubtieren (Marie und Ahmet) angegriffen. Die Tiere wirken gar so wild, dass es die Zuschauer nicht mehr auf ihren Plätzen hält: Sie stellen sich auf die Stühle, um atemlos dem Tigerangriff zu folgen.
Im fulminanten Ende zeigt sich, dass aus wilden Kindern tolle Schauspieler geworden sind: Gemeinsam singt das Ensemble „Ich war noch niemals in New York“ und lädt dann die Arche-Kinder zur Konfettischlacht ein.