Wegen zweiter Stammstrecke: Läden im Hauptbahnhof müssen schließen

Ludwigsvorstadt - Auf dem Weg von der U-Bahn zum Zug noch ein paar Kaugummis, am Abend noch ein Feierabendbier für daheim: Nico Reppe hat vielen Münchnern etwas Gutes getan. Mit seinem Minimarkt zwischen Sperrengeschoss und Schalterhalle im Hauptbahnhof. 20 Jahre gibt es den Markt schon. Doch Ende Juli ist Schluss. Dann sperrt Reppe seinen Laden für immer zu. Nicht, weil es sich nicht mehr lohnt oder er nicht mehr möchte. Sondern, weil die Deutsche Bahn ihm gekündigt hat.
So wie den anderen vier Mietern auf der kleinen Zwischenebene. Der Müller-Markt hat schon dichtgemacht (AZ berichtete), der FC-Bayern-Fanshop, der Zeitschriften-Laden, die Bäcker-Filiale von "Ratschiller und Hösle": Alle müssen jetzt raus.
"Spätestens Ende Juli ist für alle Schluss", bestätigte ein Sprecher der Deutschen Bahn auf AZ-Nachfrage. Bis Ende November müssten darüber hinaus auch alle Geschäfte in der anschließenden Schalterhalle dichtmachen. Dort gibt es etwa noch eine Espresso-Bar, einen Zeitschriften-Kiosk, einen Zigarrenladen und einen Blumenladen.
Die Bahn bittet in Aushängen im Bahnhof um Verständnis für die Kündigungen. Um die Vorabmaßnahmen für den Bau der Zweiten Stammstrecke durchführen zu können, heißt es darauf, "sind viele Zugänge zu den zentralen Punkten der technischen Infrastruktur nötig, weshalb einige Büros und Geschäfte im Laufe der kommenden Monate ihre Räumlichkeiten dauerhaft verlassen müssen." Eine Rückkehr der Geschäfte sei "nicht vorgesehen".

Die Mitarbeiter des Minimarkts? Stehen auf der Straße
Eine bittere Nachricht für Geschäftsleute wie Nico Reppe. "Wir haben erst im Januar erfahren, dass wir den Laden bis Ende Juni räumen müssen", sagt er. Inzwischen sei wenigstens noch bis Ende Juli Zeit. "Wir haben noch keinen neuen Standort", sagt er. Drei Festangestellte und acht Aushilfen: Alle müssen sich jetzt wohl einen neuen Job suchen.
Bei der Bäckerei nebenan sind wenigstens die Mitarbeiter schon untergekommen. Filialleiterin Sandra Hoffmann weiß, wann sie den Laden nach 40 Jahren für immer zusperren wird: am Abend des 22. Juli. "Glücklicherweise geht es für alle in anderen Filialen weiter", sagt sie. Sandra Hoffmann selbst hat acht Jahre hier gearbeitet. "Uns ist schon seit einigen Jahren bekannt, dass wir wegen der Stammstrecke weichen müssen", sagt sie. "Wir konnten uns also darauf einstellen."
Fährt man die Rolltreppe hinauf und tritt auf den Bahnhofsvorplatz, steht man direkt unter dem Schwammerl, dem charakteristischen Vordach. Der Schwammerl soll als allererstes verschwinden, noch bevor 2019 die Baugrube entsteht, wo heute noch die Schalterhalle ist. Und dann, eines Tages, werden wohl ein paar neue Geschäfte rund um den neuen S-Bahnhof einziehen.
Nico Reppe vom Mini-Markt glaubt, dass dann keine kleinen Familienbetriebe wie seiner mehr dabei sein werden. "Ich gehe davon aus, dass sich das dann nur noch große Ketten leisten können", sagt er. Es ist eine Geschichte, die in diesen Jahren überall in München geschrieben wird. Und nun wohl im Hauptbahnhof ein weiteres Kapitel dazu bekommt.
