Wegen Bauarbeiten der zweiten Stammstrecke sind Radwege vorerst blockiert
München - Stammstrecke: Ein Wort, das beim geneigten Münchner zuallererst die Assoziation von Langsamkeit hervorruft. Oder einem Luftballon in der Oberleitung und einer Störung. Oder Winterwetter und einer Sperrung. Jedenfalls nicht mit einer entspannten Verkehrssituation. Man könnte also argwöhnen, dass die Idee einer Radlstammstrecke entlang der Gleise schon von Beginn an unter einem schlechten Stern stand.
Und es hakt tatsächlich: Seit Anfang des Jahres haben die Bauarbeiten für die Zweite Stammstrecke der S-Bahn ein Loch in die Verbindung gerissen – seit nämlich die Baustraße den Radweg zwischen Backstage und Donnersbergerbrücke verdrängt hat. Die Aussicht hier: Am Gleis entlang wird erst wieder geradelt, wenn das Megaprojekt abgeschlossen ist.
Am Gleis entlang wird erst geradelt, wenn die Bauarbeiten fertig sind
Von Pasing aus bis zum Backstage kommt man radelnd eigentlich recht problemlos, ein ganzes Stück, ab der Bärmann-Unterführung, steht sogar ein breiter Radlweg zur Verfügung.
Weiter über die Margarete-Danzi-Straße, an den Hockeyanlagen des ESV und der Schule vorbei, erreicht man an der Wotanstraße die erste Kreuzung. Auch dort geht es noch weiter – ab der Friedenheimer Brücke wird’s dann aber verzwickt. Der zwischenzeitliche Asphalt war nur eineinhalb Jahre nutzbar – inzwischen ist er wieder abgerissen, weil hier Arbeiten für die zweite Stammstrecke stattfinden.
Das wusste man allerdings von Anfang an. "Aber man hätte das auch schon sieben Jahre früher bauen können – dann hätte man auch länger was davon gehabt", kritisiert Stadträtin Sonja Haider (ÖDP). Sie würde sich auch an der Querung zur Wotanstraße eine bessere Lösung wünschen. "Das rauf und runter und der viele Verkehr in den Stoßzeiten sind nicht ungefährlich", sagt sie auch aus eigener Erfahrung.
Im Januar hat Haider daher im Stadtrat angefragt, ob nicht eine Verbindung über die Laimer Unterführung möglich wäre. Wenigstens eine Radlspur an der Wotanstraße, sei wünschenswert, sagt sie.
Den Radlern bleibt nur Geduld auf kleine Verbesserungen
AZ-Leser Thomas Erlmaier fährt regelmäßig vom Westen in die Innenstadt hinein. Besonders wenn im Winter nicht geräumt war, seien auf dem Abschnitt nach dem Backstage regelrechte Eisplatten entstanden, erzählt er. Unter der Donnersbergerbrücke kreuzen die Radfahrer dann den Parkplatz, der mit Bodenwellen und Blöcken um die Schranken herum kaum befahrbar ist. Und am Arnulfpark entlang stellt sich die Frage: Wo bleibt eigentlich der geplante Radweg? Das Projekt ist in Bearbeitung.
Alternativen ab der Friedenheimer Brücke sind die Routen über die Arnulfstraße oder im Süden über die Landsberger Straße – beides wenig beliebte Strecken bei Radlern. Derzeit gibt es eher ein Strecken-Flickwerk an der nördlichen Gleisseite, unterbrochen von der gewaltigen Baustelle der Bahn.
Was den Radlern bleibt, sind Geduld, bis die Stammstrecke gebaut ist – dann kommt nämlich auch ein Radweg direkt an den Gleisen entlang – und die Hoffnung auf kleine Verbesserungen an besonders vertrackten Stellen. Etwa auf einen baldigen Bau des Radweges vom Zentralen Omnisbusbahnhof zur Donnersbergerbrücke.
AZ-Meinung: So funktioniert es nicht
Die Idee ist super: Einen breiten Radweg entlang der S-Bahntrasse führen. Was für eine charmante Idee, um entnervten S-Bahn-Pendlern eine Alternative zur fast täglichen Stellwerkstörung zu bieten. Doch an der Radlstammstrecke sieht man wieder deutlich, woran es in München hakt: an einer gescheiten Radlplanung.
Erst teert die Stadt einen Abschnitt, dann muss sie ihn wieder abreißen. Während München weiter über Radwegeführung diskutiert, baut man im Landkreis am ersten Radschnellweg. Als Münchner schlängelt man sich derweil weiter um Hindernisse. Eine Strecke, die nur abschnittsweise gut funktioniert bringt niemanden dazu, aufs Rad umzusteigen. Da kann man sich ja gleich wieder in die verspätete S-Bahn setzen. Oder seinen Zündschlüssel suchen.
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