Vorsitzende im Bezirksausschuss: Zur richtigen Zeit am richtigen Ort

Sibylle Stöhr wird erneut Vorsitzende im Bezirksausschuss Schwanthalerhöhe. Die AZ stellt sie vor – als eine Kämpferin mit Ideen.
von  Eva von Steinburg
Andrea Huber (v.l.) und Sibylle Stöhr hatten die Aktion im Westend gestartet. Auch nach dem Projekt soll es dort weiter Essen für Bedürftige geben.
Andrea Huber (v.l.) und Sibylle Stöhr hatten die Aktion im Westend gestartet. Auch nach dem Projekt soll es dort weiter Essen für Bedürftige geben. © von Loeper

München - Sie ist am Ziel ihrer Träume. "Zur richtigen Zeit am richtigen Ort", so fühlt sich Grünen-Politikerin Sibylle Stöhr (49) im Augenblick. Die zupackende Lokalpolitikerin ist die Stimmenkönigin der Schwanthalerhöhe.

Mit über 6.322 Stimmen (und einem großen Vorsprung) haben Wähler im Westend ihre grüne BA-Chefin gewählt. "Das ist sensationell. Als Persönlichkeitswahl ist das der Beweis für mich, dass das Vertrauen da ist", freut sich die Politikerin aus dem Westend. Als junge Politik-Studentin saß sie bereits Ende der 90er Jahre im Passauer Stadtrat – jetzt ist sie aufgestiegen zur grünen Stadträtin einer Millionenstadt: "Ich wünsche mir, dass München zur grünsten Metropole Europas wird", sagt sie.

Gerecht, ökologisch, sozial: "München braucht Freiräume"

Sibylle Stöhr ist eine leise, frappierend positive und hartnäckige Frau. Unkonventionelles mag sie mehr als den Mainstream. Wenn gerade nicht Krise ist, arbeitet sie als Bergwanderführerin und zeigt Abenteuerlust und Mut: Auf Trekkingtouren hat sie überschaubare Reisegruppen nach Äthiopien und auf die Insel in La Réunion im Indischen Ozean geführt.

Abseits der Zivilisation fühlt sie sich in ihrem Element. Tagestouren, die neun Stunden dauern, sind ihr gerade recht und kommen ihrer Ausdauer entgegen. Als Tour-Guide für den Alpenverein zählt sie sich allerdings zu den "Corona-Opfern". Alle Berg-Touren bis 14. Juni fallen flach. Umso begeisterter stürzt sich die 49-Jährige gerade in die politische Arbeit für ihr Viertel und die Stadt. Sie hält es für hilfreich, im Bezirksausschuss und im Stadtrat zu sitzen: "Es gibt wichtige Synergieeffekte, denn ich habe ein großes Wissen, was einzelne Projekte betrifft."

Andrea Huber (v.l.) und Sibylle Stöhr hatten die Aktion im Westend gestartet. Auch nach dem Projekt soll es dort weiter Essen für Bedürftige geben.
Andrea Huber (v.l.) und Sibylle Stöhr hatten die Aktion im Westend gestartet. Auch nach dem Projekt soll es dort weiter Essen für Bedürftige geben. © von Loeper

Gerecht, ökologisch und sozial möchte sie in den nächsten sechs Jahren entscheiden. Und in der Lokalpolitik eine Stimme für alle sein, die gegen den Mainstream schwimmen: "München braucht Freiräume, nicht alles darf dem Kommerz untergeordnet werden. Ich möchte Platz schaffen für Kulturschaffende, die wenig Geld haben." Zum Beispiel würde sie alternative Wohnformen unterstützen, wie Wagenburgen und Minihäuser. Bürgernähe ist ihr extrem wichtig: Endlich will sie es schaffen ein Beratungsbüro im Viertel aufzubauen, für Menschen, die vor der Entmietung stehen.

Die Schwanthalerhöhe hat für 2020 ein Stadtteilbudget von 120.000 Euro. Das Geld soll sinnvoll, am besten für soziale Hilfen fließen, wie in die neue Initiative "Das Westend tafelt", die kostenlos in der Schrenkstraße für 300 Leute kocht. Beim Geldverteilen will Sibylle Stöhr neue Wege gehen: "Wie können wir mit Künstlern Solidarität zeigen? Initiativen sollen uns ihre Ideen bringen." Im Westend steht die Sanierung des viel zu engen Radlwegs in der Ridlerstraße an.

Stöhr glaubt: "Durch die Grünen wird München unspießiger"

Und um einer Pleitewelle im Westend vorzubeugen, ist Sibylle Stöhr überzeugt: "Wir müssen dringend unseren Gastronomen helfen. Sie machen unser Stadtviertel erst lebenswert!" Ihr Plan: Wenn ab 18. Mai Tische draußen stehen können, möchte sie dafür Sorge tragen, dass, wo möglich, zwei bis drei Parkplätze für eine erweiterte Freischankfläche auf der Straße weggenommen werden. "So können die Abstandsregelungen eingehalten werden. Von grüner Seite gehe ich davon aus, dass das schnell umgesetzt werden kann", so Stöhr.

Wer das Westend kann, kann die ganze Stadt, das ist ihr Wahlkampf-Slogan. Die Aufgabe als grüne Stadträtin sieht sie nicht als "Larifari", sie spürt eine hohe Verantwortung. "Wir Grünen erheben nicht nur den mahnenden Zeigefinger, wie früher, sondern können gestalten! Im Stadtrat ist Aufbruchstimmung. Wir sind eine junge Fraktion mit einem unheimlichen Spirit und Elan", freut sie sich. "Toll" seien die Kollegen. Die Folge der Grünen Welle nach der Wahl: "München ist unspießiger!"

Viele progressive Ideen hält Sibylle Stöhr in Zukunft für leichter durchsetzbar. Am 12. Mai wird sie aller Voraussicht nach erneut zur Chefin des Bezirksausschusses Schwanthalerhöhe gewählt. In der einstigen Münchner Arbeiterhochburg haben die Grünen mit 45,9 Prozent gesiegt (10 Prozent Zuwachs), die SPD büßte 20 Prozent ein (mit 19,5 Prozent hält sie drei Sitze). Die CSU kommt auf 14,7 Prozent.

Erstmals schafft die Linke im Viertel den Sprung ins Gremium. Mit 10,7 Prozent erreicht die Partei zwei Sitze. Das neue BA-Mitglied Dominik Lehmann (36) von der Linken meint: "Im Westend sind viele Freigeister unterwegs. Sibylle Stöhr ist an sozialen Themen und an politischer Fairness gelegen. Ich halte sie für eine linke Grüne. Das wird bestimmt eine gute Zusammenarbeit."

Lesen Sie hier: Münchner Nordosten - Widerstand gegen grün-rote Pläne

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