Vollgelaufene Keller in Nordschwabing: Landtag macht Druck auf die Stadt München
Schwabing - Seit mehr als zwei Jahren haben bis zu 40 Häuser in Nordschwabing, rund um die Genter Straße, ein ziemlich feuchtes Problem. In ihre Keller und Tiefgaragen dringt Wasser ein. Klares Grundwasser, wie sich schnell herausstellte.
Doch THW oder Feuerwehr sind dort nie aufgetaucht. Die Stadt schob die Verantwortung stets von sich. Bis heute hoffen die Nordschwabinger auf die Hilfe Münchens. Doch es passiert nichts, trotz eines laufenden Mediationsverfahrens.
Grundwasser in Schwabinger Häusern: Landtag schaltet sich ein
Die Sache eskaliert nun. Das Thema hat den Landtag erreicht. Der beschloss in der Vollversammlung am Mittwoch, dass die zuständigen Behörden Hilfe leisten sollen und müssen. "Brunnen müssten zunächst gebohrt werden, in denen sich das überschüssige Grundwasser sammeln kann", sagte Rosi Steinberger (Grüne) bei einer Presserunde am Donnerstag.
Steinberger hatte den Landtagsbeschluss "bestimmt vier oder fünf Mal im Umweltausschuss behandelt", sagte sie als Vorsitzende dieses Gremiums. Doch die Stadt habe die Diskussionen und Beschlüsse des Landtagsausschusses schlicht ignoriert.
Franziska von Gagern – eine der ersten Betroffenen des Problems an der Genter Straße – hatte zu der Presserunde im Landtag eingeladen, gemeinsam mit ihrem Anwalt Benno Ziegler. Mit dabei: politische Unterstützer ihres Anliegens, wie der Landtagsabgeordnete Robert Brannekämper (CSU), eben Rosi Steinberger (Grüne), Alexander Flierl (CSU), sowie Eric Beißwenger (CSU).
München muss den Anwohnern helfen
Schon zwei Mal verabschiedete der Umweltausschuss in den vergangenen Monaten eine sogenannte Berücksichtigung, gerichtet an die Stadt und an die bayerische Verwaltung.
Auf gut Deutsch: München wurde aufgefordert, den Anwohnern zu helfen.
Denn Ursache und Wirkung waren für den Ausschuss schnell klar: Ein Regenauslasskanal aus den 80er Jahren am Karl-Arnold-Weg staue das Wasser auf. Die Genter Straße liegt hier direkt an, südlich des Kanals. Nördlich sind alle Keller trocken.
"Ohne den Aufstau des Regenkanals wären die Häuser trocken"
Fachgutachten stützen diesen Zusammenhang, inzwischen sogar eines vom August 2022, erstellt vom Wasserwirtschaftsamt. Darin steht, dass der Regenauslasskanal für 40 Zentimeter erhöhten Grundwasserpegel sorgt. "Ohne Aufstau wären die Keller trocken", so das Fazit von Benno Ziegler.
Ein weiteres, älteres Gutachten aus dem November 2020 sieht ebenfalls einen direkten Zusammenhang zwischen Grundwasserstau und Regenauslasskanal. Es wurde vom Anwohner-Anwalt Ziegler in Auftrag gegeben und stammt von Heinrich Amadeus Wolff, inzwischen ist dieser Richter am Bundesverfassungsgericht.
Wolff habe laut Ziegler auch keine Zweifel, dass das zuständige Referat für Umwelt und Klima die Stadtentwässerung anweisen müsste, die Situation zu beheben.
Wegen Denkmalschutz: Auch Freistaat könnte aktiv werden
Ein weiterer Aspekt: Das Haus von Otto Steidle an der Genter Straße ist denkmalgeschützt. Der Freistaat habe die Pflicht, "Denkmäler zu pflegen", sagt Ziegler.
Also auch der Freistaat könne theoretisch aktiv werden und die Stadt anweisen, den Anwohnern Hilfe zu leisten. Doch Ziegler fragt sich eher, warum der oberste Chef der Münchner Verwaltung, OB Dieter Reiter (SPD), tatenlos zusieht.
Brannekämper: "Die Stadt lässt 40 Schwabinger einfach absaufen"
Brannekämper sagt zu der Situation: "So eine Tatenlosigkeit ist mir in 30 Jahren Landespolitik nicht untergekommen." Er schiebt ein paar deftige Sätze hinterher, wie: "Die Stadt lässt 40 Schwabinger einfach absaufen" und "das ist behördliches Multiorganversagen".
Franziska von Gagern hat schon 2020 begonnen, das Wasser selbst abzupumpen. Doch das kostete bisher Zehntausende Euro. "Manchmal verzweifle ich, manchmal hoffe ich noch", sagt sie.