Verpackungsfrei einkaufen: Wo Plastik keine Chance hat

In "Ohne"-Läden muss man seine Verpackung selbst mitbringen. Das funktioniert auch unter Corona-Bedingungen, wie der Besuch bei einem Pionier-Geschäft zeigt.
von  Marie Heßlinger
Carlo Krauß hat fürs AZ-Foto kurz seine Maske abgesetzt und zeigt, wie man sich Haferflocken zapfen kann.
Carlo Krauß hat fürs AZ-Foto kurz seine Maske abgesetzt und zeigt, wie man sich Haferflocken zapfen kann. © Daniel von Loeper

Schwabing - Es gibt Lasagneblätter und Kaffeebohnen, weiße Maulbeeren und schwarze Schokodrops, Kümmel und Kardamomflocken und Klopapier. Kurz: alles. Das Besondere: Alles kommt ohne Verpackung aus. Denn die Verpackungen bringen die Kunden selber mit. Das ist das Konzept der plastikfreien Supermärkte.

Der "Ohne"-Laden in der Schellingstraße war einer der ersten verpackungsfreien Supermärkte Deutschlands. Mittlerweile gibt es allein in München um die zehn Geschäfte, die zum Müllvermeiden einladen.

"In welcher Welt werden unsere Kinder leben, wenn sie groß sind?" Diese Frage stellten sich Ingenieur Carlo Krauß und Schneiderin Hannah Sartin bei der Geburt ihres zweiten Kindes - und eröffneten den "Ohne".

Süßkartoffeln aus Moosinning statt aus Peru

Ihre Lebensmittel lagern in Gefäßen aus Glas. Sie kommen von Biohöfen aus nächstmöglicher Entfernung - Haselnüsse aus Dachau statt Aserbaidschan, Süßkartoffeln aus Moosinning statt Peru, Leinsamen aus Polen statt Indien.

Am Fenster des Ladens, in dem nahezu alles aus hellem Ahornholz ist, sitzt Inhaber Krauß. "Es geht vor allem darum, Lebensmittelverschwendung zu vermeiden", sagt er.

Plastik vermeiden beim Einkauf im "Ohne"-Laden 

Statt einmal Reis aus der Plastikpackung zu kochen und den Rest monatelang im Regal verstauben zu lassen, könnten die Kunden nur so viel mitnehmen, wie sie wirklich brauchen.

Und zweitens, sagt er, gehe es um Plastikvermeidung. Hinter ihm hat eine Frau den Laden betreten, nacheinander packt sie ihre mitgebrachten Einmachgläser aus.

"Ohne"-Laden: Glasgefäße in Holzkonstruktion

Für die trockenen Lebensmittel bietet es sich an, eigene Gefäße aufzufüllen. Für andere Produkte wie Kuh- und Sojamilch gibt es ein Pfandsystem - selbst für die Deocremes in Einmachgläsern.

Das Abfüllen funktioniert einfach: Die Glasgefäße mit den Lebensmitteln hängen kopfüber in einer Holzkonstruktion. Die Kunden drücken einen Hebel, das Gefäß öffnet sich, das Essen rieselt ins mitgebrachte Glas.

Corona-Hygienemaßnahmen haben dem Laden keine Schwierigkeiten bereitet. "Wir hatten im Vorfeld schon große Hygienestandards", sagt Krauß. Nun desinfizieren er und sein Team alle Griffe einmal stündlich. Die Schaufeln, mit denen Kunden manche Lebensmittel aus Metallbottichen schöpfen, werden nur einmal benutzt und dann gespült.

Wer den Laden betritt, muss seine Hände desinfizieren

Was Krauß und seit Corona jedoch merkt: "Es ist keine Laufkundschaft mehr da." Im Laden halten sich zwar stets ein, zwei Kundinnen auf, doch "früher waren hier sechs bis zwölf Leute gleichzeitig drin". Mit dem Lastenrad liefert Krauß die Bestellungen nun auch nach Hause.

Das liebste Lebensmittel seiner Kunden: "Ich hätte nicht gedacht, dass so viele so unterschiedliche Menschen Haferflocken nutzen." Im Jahr verkaufen Krauß und seine Frau drei Tonnen davon -"das ist der halbe Laster voll", sagt Krauß und nickt in Richtung eines Lkw, der auf der Straße geparkt hat.

Seine eigenen Lebensmittel kommen in großen Säcken oder Pappkartons. Immer mehr Bio-Erzeuger wollten ihre Produkte verpackungsarm verkaufen, sagt Krauß. Die Nachfrage der Kunden reguliert den Markt. Quark zum Beispiel gab es vor ein paar Jahren nur in Plastikbechern. Mittlerweile auch im Pfandglas.

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