Verneigt sich St. Michael vor den Münchnern?

Ein großes rotes Kranfahrzeug war dieser Tage von der Sankt-Michaels-Kirche zu sehen. Die Arbeiter waren allerdings nicht mit der Fassadensanierung beschäftigt.
von  Linda Jessen
Kran vor der Fassade: Da schauen sie, die 15 Herrscherstatuen, die an der Fassade das Gefolge des Kirchenpartons, Erzengel Michael, bilden.
Kran vor der Fassade: Da schauen sie, die 15 Herrscherstatuen, die an der Fassade das Gefolge des Kirchenpartons, Erzengel Michael, bilden. © Djordje Matkovic

München - Auch wollten sie keine Tauben vertreiben. Hier wurde vermessen, ob St. Michael noch ordentlich gerade steht. Das Gotteshaus steht über dem U-Bahntunnel und daher etwas unsicherer als bei der Errichtung vor 400 Jahren. Wenn St. Michael jetzt plötzlich schäpps dastünde – das könnte teuer werden.

Auf der anderen Seite: So ein schiefes Gebäude lockt bestimmt auch zahlreiche Schaulustige – kennt man ja aus Pisa. Bei dem Turm in Italien hat’s wohl keine der empfindlichen Messinstrumente gebraucht, um festzustellen, dass er irgendwie ungleichmäßig abgesackt ist. In Pisa hat man den Baupfusch dann einfach zur Touristenattraktion umfunktioniert, seither stehen Menschen aus aller Welt in wunderlichen Kameraposen vor dem berühmten Turm.

Lesen Sie auch: Surfer retten Bewusstlosen (64) aus Eisbach

Wär doch gelacht, wenn München eine geneigte Kirche nicht zum Geheimtipp unter Europareisenden machen könnte. Und die Fassade könnte man auch besser betrachten, wenn St. Michael den Vorbeiflanierenden in der Innenstadt im wahrsten Sinne des Wortes etwas entgegenkommen würde. Im Gegenzug hätten der Heiland, der da oben steht, einen besseren Blick auf die Münchner. Darf halt nur nicht zu viel der Neigung sein.

Man könnte eine nicht mehr ganz aufrechte Fassade freilich auch als symbolhaft für die christliche Demutslehre deuten – ist ja schließlich ein Gotteshaus.    

Lesen Sie auch: Der AZ-Baustellen-Atlas: Hier wird gerade gebaut

merken
Nicht mehr merken
X

Sie haben den Inhalt der Merkliste hinzugefügt.