Unterwegs mit der Sicherheitswacht in Schwabing: Wer mitgeht und was es bringt
München - Die beiden kennen sich in ihrem Viertel hervorragend aus - keine Frage. Silvia Faber lebt seit 38 Jahren in Schwabing, ihr heutiger Streifen-Partner Hans-Peter Wolk hat über 40 Jahre in Schwabing gearbeitet. Beide gehen regelmäßig als Sicherheitswacht der PI 13 in Schwabing auf Streife und das tun sie mit viel Herzblut und Leidenschaft. Der AZ-Reporter begleitet sie dabei ein Stück.
Entspannt schlendern wir trotz der Kälte über den Schwabinger Weihnachtsmarkt. Silvia Faber und Hans-Peter Wolk verteilen ein paar Flyer, ratschen gelegentlich mit einigen der Leute, die ihnen begegnen. Ein Becher Glühwein wäre jetzt recht. Doch Alkohol auf Streife ist ein Tabu. "Was macht das für einen Eindruck, wenn wir jemand mit einer Alkoholfahne ansprechen", sagt Silvia Faber, gelernte Anwaltsgehilfin. Schwabing ist ihr Zuhause.
Sicherheitswachtler können pro Monat maximal 200 Euro verdienen
"Andere Stadtviertel haben auch ihren Charme, aber als Sicherheitswacht möchte ich nur hier arbeiten", sagt sie. Seit vier Jahren ist sie im Team. Pro Stunde bekommt sie dafür als Aufwandsentschädigung acht Euro, der Mindestlohn im Einzelhandel liegt deutlich höher bei 12 Euro. Reich wird man als Sicherheitswachtler also schon mal nicht. Zumal man nur maximal rund 200 Euro im Monat dazu verdienen darf.
Warum macht man also diesen Job? "Ich wollte etwas für die Allgemeinheit tun, mich engagieren", erklärt Silvia Faber. Zwei Mal die Woche geht sie auf Streife, jeweils für etwa zwei Stunden, meist am späten Nachmittag.
Manchmal, wenn es länger dauert, kommen bei Hans-Peter Wolk acht bis zehn Kilometer zusammen, alles zu Fuß versteht sich. Wolk hat 40 Jahre für den Malteser Hilfsdienst gearbeitet. Im Ruhestand wollte er sein eheramtliches Engagement fortsetzen.
Vor allem ältere Menschen sind froh über die Sicherheitswacht
Im Viertel kennt man Faber und Wolk. Immer wieder treffen sie während ihres Rundgangs auf Menschen, die ihnen freundlich zunicken, ihnen ein Lächeln schenken. Manchmal bleibt Zeit für eine kurze Unterhaltung. "Vor allem ältere Menschen sind froh, dass es die Sicherheitswacht in Schwabing gibt", erzählt Hans-Peter Wolk.
Doch nicht alle lieben die Streifen. Radlrambos mögen es überhaupt nicht, wenn sie gestoppt werden. "An der Ecke Leopold- und Hohenzollernstraße ist es besonder schlimm", sagt Hans-Peter Wolk. "Die radeln mit Karacho um die Kurve, rote Ampeln ignorieren sie und wollen dann in falscher Richtung weiter auf dem Radweg in Richtung Münchner Freiheit."
Wie zur Bestätigung schlängelt sich genau im selben Moment eine Radlerin an der Kreuzung durch die wartenden Autos. Dann sieht sie die Sicherheitswacht, bremst und steigt sofort ab. Brav wartet sie an der Ampel, bis es grün wird, wechselt dann die Straßenseite und radelt weiter stadtauswärts. Hans-Peter Wolk grinst: "Manchmal genügt unsere bloße Anwesenheit und alles läuft, wie es sein soll."

Sicherheitswachtler sind mit Handys, Funkgeräten und Pfefferspray ausgerüstet
Doch das klappt nicht immer. Gelegentlich bekommt er von einem Radlrambo den Stinkefinger gezeigt. "Man hat mich auch schon als Wichtigtuer beschimpft", sagt er. "Wenn ich mich da jedes Mal reinsteigern würde, kriege ich höchstes ein Magengeschwür."
Ärger machen oft auch Leute auf E-Scootern. Auf denen sind manchmal zwei Personen unterwegs, was verboten ist. Zudem fahren einige ziemlich rücksichtslos herum. Wenn man so einen Kandidaten stoppt, reagiert der dann oft auch noch pampig. "Da krieg ich dann schon nen dicken Hals", gibt Hans-Peter Wolk zu. Nur viel dagegen unternehmen, kann er auch nicht. Wenn er einen Radl- oder Scooter-Rambo mit Körpereinsatz stoppen würde, der Betreffende dabei vielleicht sogar stürzt und sich verletzt, hat man als Sicherheitswacht ein juristisches Problem. Dann geht es sofort darum, ob der Einsatz der Verhältnismäßigkeit entspricht, ganz zu schweigen von Haftungsfragen.
Ausgerüstet sind Faber und Wolk mit Handys, Funkgeräten und Pfefferspray. Letzteres haben sie noch nie benützen müssen. Brenzlige oder gar gefährliche Situationen haben sie noch nie erlebt, obwohl sie beide schon seit Jahren auf Streife gehen.
Silvia Faber: "Der Ton macht die Musik"
Sie kennen die neuralgischen Punkte in Schwabing, wo es schon mal Ärger geben kann. Im Luitpoldpark oder im Englischen Garten beispielsweise feiern gerne Jugendliche. Da kann es vor allem abends schon mal laut und lebhaft werden. Wenn es die Leute übertreiben, versuchen sie dem Partyvolk klar zu machen, dass es andere gibt, die ihre Ruhe haben wollen. "Ich versuche es mit Argumenten und Diplomatie", sagt Hans-Peter Wolk. Recht viel mehr Möglichkeiten hat ein Sicherheitswachtler auch nicht. Als letztes Mittel bleibt nur, die Polizisten von der PI 13 über Funk als Verstärkung zu rufen.

Was keiner von der Sicherheitswacht gerne hört, ist, wenn man sie als "Hilfssheriffs" verunglimpft. "Trag ich vielleicht nen Cowboyhut oder nen Colt an der Hüfte?", fragt Silvia Faber. "Wir sind auch keine Blockwarte oder Schmalspurpolizisten, sondern ganz normale Bürger" - die sich für die Allgemeinheit engagieren. Manche gehen alle zwei Monate zum Blutspenden. Faber und Wolk gehen lieber auf Streife.
"Der Ton macht die Musik", sagt Silvia Faber. "Wie kann ich erwarten, dass die Leute mir gegenüber höflich bleiben, wenn ich mich selbst ihnen gegenüber im Ton vergreife?" Auch als noch viel strengere Coronabeschränkungen galten und viele Menschen genervt waren, blieb es meist höflich. Nur einmal erlebte Hans-Peter Wolk in einer Tram einen Mann, der völlig die Beherrschung verlor. "Da stieg damals eine Mutter mit einem kleinen Kind ein. Die Frau hatte noch nicht ihre Maske auf, aber schon in der Hand", erzählt Wolk. "Der Fahrgast hat sofort losgepöbelt und die Frau beschimpft."
Präsenz ist das Zauberwort, das manches Ärgernis in Schwabing löst
Als Sicherheitswacht hat Wolk sich eingemischt, versucht, die Lage zu beruhigen und sich damit natürlich den Zorn des fremden Mannes zugezogen. "Der ist mit mir später zusammen ausgestiegen und hat mich sogar noch ein Stück weit verfolgt. Da bekommt man dann schon ein mulmiges Gefühl", sagt Hans-Peter Wolk.
Bei der heutigen Streife läuft's wie am Schnürchen. Im Englischen Garten treffen Faber und Wolk auf ein paar Hundebesitzer, die Gassi gehen. Hunde ab Kniehöhe müssen im Park an der Leine geführt werden. Das ist nicht immer der Fall. Dann greifen Faber und Wolk ein. Die allermeisten Hundebesitzer sind einsichtig, nehmen ihre Lieblinge an die Leine.

Nur mit den Häufchen klappt es leider viel zu oft nicht. Statt zum Hundebeutel zu greifen, bleibt der Dreck auf Wiesn und Wegen einfach liegen. "Es ist aber erstaunlich, wie schnell Hundebesitzer dann doch aufräumen, sobald sie uns auch nur von der Ferne aus sehen", sagt Silvia Faber.
Präsenz ist das Zauberwort, das manches Ärgernis in Schwabing löst, bevor es richtig zum Problem wird. Genau dafür sind die Streifen der Sicherheitswacht auch eingerichtet worden. Ein Ersatz für Polizeistreifen sind sie nicht und wollen Faber und Wolk auch gar nicht sein.