"Tram-Terror": Sind die Züge zu laut?

Die Linie 16 nach St. Emmeram ist Anwohnern viel zu laut. Die MVG sieht keinen Handlungsbedarf: „Alle Grenzwerte werden eingehalten“ – und eine geräuschlose Tram gebe es nun einmal nicht  
von  Christian Pfaffinger
Ursula Stroell und Kurt Lorenz fühlen sich von den Fahrgeräuschen der Tram gestört. Sie wollen, dass die MVG mehr für den Lärmschutz unternimmt.
Ursula Stroell und Kurt Lorenz fühlen sich von den Fahrgeräuschen der Tram gestört. Sie wollen, dass die MVG mehr für den Lärmschutz unternimmt. © Gregor Feindt

Die Linie 16 nach St. Emmeram ist Anwohnern viel zu laut. Die MVG sieht keinen Handlungsbedarf: „Alle Grenzwerte werden eingehalten“ – und eine geräuschlose Tram gebe es nun einmal nicht

Bogenhausen - Ursula Stroell wird es nun noch öfter hören. Rattern, rumpeln, wackeln. Pfeifen, quietschen, rasseln. „Es ist grausam und unmenschlich“, sagt sie. „Das macht krank!“

Es sind die Nebenwirkungen einer Erfolgsgeschichte, die Ursula Stroell, ihrem Mann und vielen ihrer Nachbarn die Nerven rauben: Die Verlängerung der Tram 16 nach St. Emmeram wird als wichtige und schnelle Verbindung zwischen Oberföhring und Bogenhausen gefeiert. Kürzlich wurde deshalb auch der Takt verdichtet. Doch viele Anwohner protestieren. Ihr Vorwurf: Die Trams machen zu viel Lärm.

„Es kann doch nicht sein, dass man gezwungen wird, hinter geschlossenen Schallschutzfenstern zu leben“, sagt Ursula Stroell, und ihr Mann Kurt Lorenz fügt hinzu: „Die steinalten Bahnen mit ihrer veralteten Technik geben beim Anfahren und Abbremsen so laute Pfeiftöne von sich, dass man den Lärm nachts nur mit Stöpseln in den Ohren erträgt.“

Die Tram 16 fährt tagsüber im Zehn-Minuten-Takt durch die Cosimastraße, wo Ursula Stroell und Kurt Lorenz wohnen. Morgens und seit kurzem nachmittags verstärkt die Linie 18 den Takt. Zählt man die Züge in beide Richtungen zusammen, fährt zu den Stoßzeiten im Schnitt alle zweieinhalb Minuten eine Tram vorbei. Ganz ruhig ist es nur knapp drei Stunden in der Nacht.

Früher fuhr auf dieser Strecke ein Bus. Seit einem guten Jahr gibt es nun die neue Trambahn-Linie – und seither beschweren sich Anwohner über deren Lautstärke.

Die Tram sei keinesfalls so „flüsterleise“, wie die MVG es in ihrer Ankündigung vor dem Bau versprochen hatte. Manche sprechen von einem „Tram-Terror“.

Die MVG verteidigt sich: „Alle Grenzwerte werden eingehalten“, sagt ein Sprecher auf AZ-Anfrage. „Die Tram ist in der Cosimastraße auch nicht lauter als anderswo in der Stadt.“ Zur „flüsterleisen Tram“ heißt es: „Eine völlig geräuschlose Tram gibt es genauso wenig wie geräuschlose Autos, Lkw oder Busse.“

Letztere seien außerdem keine Alternative, sondern „kontraproduktiv“. Schließlich wolle man mit der Tram gerade auch den motorisierten Verkehr reduzieren und Bogenhausen von Abgasen entlasten.

Weil sich aber immer wieder Anwohner beschweren, musste sich auch der Bezirksausschuss Bogenhausen bereits mit der lärmenden Tram beschäftigen. Dort ist man auf der Seite der MVG: Die Grenzwerte würden überall eingehalten, heißt es im Beschluss des Gremiums.

Entscheidend ist dabei nicht, wie laut die Tram tatsächlich ist, sondern welcher „Dauerschallpegel“ entsteht. Das heißt, dass aus den gemessenen Werten ein durchschnittlicher Lärmpegel für den Tag und die Nacht errechnet wird. Und der liegt unter den Grenzwerten.

Im Stadtrat wollten sich CSU-Politiker dafür einsetzen, dass die Tram leiser wird. Auf eine Anfrage antwortet der zuständige Wirtschaftsreferent Dieter Reiter (SPD), dass weitere Lärmschutzmaßnahmen nicht erforderlich seien. Auch die Züge seien tadellos: „Alle eingesetzten Trams erfüllen die Vorschriften.“

Die Lärmgeplagten halten die Fahrzeuge für veraltet: „Eigentlich sollte hier die Variobahn fahren, aber von der gibt es nicht genügend Züge“, sagt Ursula Stroell. „Die vorhandenen setzt die MVG woanders ein.“ Die MVG widerspricht: „Es ist ein Gerücht, dass die Variobahn auf der Linie 16 eingesetzt werden sollte“, sagt ein Sprecher. Der Bedarf sei auf anderen Strecken höher.

Ursula Stroell ärgert sich, dass nichts getan wird. „Dabei könnte mit einfachen Mitteln schon viel gemacht werden: Etwa wenn die Züge langsamer als die üblichen 60 Stundenkilometer fahren und die Fahrer früher bremsen würden.“

Auch diese Möglichkeit wurde aber schon geprüft und verworfen, weil das „die Attraktivität für die Fahrgäste spürbar mindern“ würde.

 

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