Thalkirchner Straße: Die 110 ist gerettet!

Bürger und Bezirksausschuss kämpften gegen die Abriss-Pläne für das kleine Backsteinhaus am Viehhof. Jetzt wird es tatsächlich unter Denkmalschutz gestellt.
von  Myriam Siegert
Das Haus Thalkirchner Straße 110 war mitsamt dem schönen Garten dahinter schon zum Abriss freigegeben. Jetzt haben Denkmalamt und Kommunalreferat die Entscheidung revidiert.
Das Haus Thalkirchner Straße 110 war mitsamt dem schönen Garten dahinter schon zum Abriss freigegeben. Jetzt haben Denkmalamt und Kommunalreferat die Entscheidung revidiert. © ho

Bürger und Bezirksausschuss kämpften gegen die Abriss-Pläne für das kleine Backsteinhaus am Viehhof. Jetzt wird es tatsächlich unter Denkmalschutz gestellt.

Isarvorstadt - "Wer kennt es nicht? Manches Mal im Leben braucht es eine zweite Prüfung, um nicht durchzufallen. Was viele mit der Schul- und Studienzeit verbinden, kann hin und wieder auch den Denkmalschutz betreffen“ – so beginnt die Pressemitteilung des Kommunalreferats, in der mitgeteilt wird, wofür Bürger im Schlachthofviertel seit Monaten kämpften: Das kleine Backsteinhaus in der Thalkirchner Straße 110 wird nun plötzlich doch unter Denkmalschutz gestellt. Sämtliche Abrisspläne sind somit vom Tisch. Und damit nicht genug: Die Markthallen München, denen das Haus gehört, sorgen bis zum Winter für die „Verkehrssicherheit vor Ort“, damit etwa keine losen Dachpfannen herunterfallen können. Das beschädigte Dach soll im nächsten Jahr saniert werden.

Wie kam es zu diesem Sinneswandel? „Der Antrag zum Abriss war schon in Vorbereitung, die Abstimmung mit der Unteren Denkmalschutzbehörde war schon erfolgt“, sagt Antje Jörg vom Kommunalreferat auf AZ-Anfrage. Weil aber immer mehr Nachfragen und Einwände von Bürgern und auch aus dem Bezirksausschuss gekommen seien, hätten sich Kommunalreferat und das Bayerische Landesamt für Denkmalpflege entschieden, noch einmal eine Ortsbegehung zu machen. So kam eine erneute Prüfung des Denkmalschutz-Status ins Rollen.

Dabei seien neue Erkenntnisse und Fakten aufgetaucht, heißt es beim Kommunalreferat. Man fand heraus, dass das Kanalwärterbetriebs- und –wohnhaus in den 1920er Jahren entstanden ist. Die damaligen Bauherren hatten es stilistisch an den Schlacht- und Viehhof angepasst. Damit stamme das Gebäude aus einer wichtigen Bauphase des Geländes in der Zenettistraße. Deshalb wird der von der Unteren Denkmalschutzbehörde genehmigte Abriss des Gebäudes sofort gestoppt. Das Haus gehört jetzt offiziell zu den elf schützenswerten Gebäuden des Schlacht- und Viehhofs – ein Stück Münchner Geschichte bleibt erhalten.

Ende Mai dieses Jahres klang das alles noch ganz anders. Das Haus sei baufällig, die Bausubstanz sehr schlecht. „Man hat keine Nutzung gefunden, die eine aufwendige Sanierung rechtfertigt“, erklärte damals Bernd Plank vom Kommunalreferat auf AZ-Anfrage. Auch, wenn wegen der Umstrukturierung des Großmarkts und der Überplanung des Viehhofs noch völlig offen sei, wann – „das Haus ist zum Abriss freigegeben“, hieß es damals.

Diese Nachricht trieb die Bürger im Viertel um, denn tatsächlich prägen die roten Backsteinmauern und kleinen Häuser das Bild im Schlachthof-Areal. Warum hier schon grob geschätzt acht bis zehn Jahre vor der Neugestaltung des Viehhof-Areals eine Lücke klaffen solle, leuchtete den Bürgern nicht ein, die Abrisspläne seien „unsinnig“.

Die Initiative „Dreimühlenviertel redet mit“, startete eine Petition unter dem Motto „Hilfe für 110“. Auch wenn das Haus gleich bei der Bushaltestelle „Ehrengutstraße“ schon lange steht und etwas mitgenommen aussieht, sei es erhaltenswert. Das Haus solle aus Ensembleschutzgründen bestehen bleiben, das benachbarte Anwesen Thalkirchner Straße 112 sei denkmalgeschützt und somit vor einem Abriss geschützt. Das kleine Backsteingebäude Thalkirchner Straße 110 sei leider ohne Schutz, gehöre aber unbedingt auch zum Ensemble. „Außerdem ist da ein kleiner erhaltungswürdiger Garten dabei“, argumentierte die Initiative.

Dem Ensemble-Argument schloss sich auch der zuständige Bezirksausschuss Ludwigsvorstadt-Isarvorstadt an, der sich ebenfalls mit dem Thema beschäftigte. Außerdem unterstütze das Haus die Abgeschlossenheit des Geländes, „die Sichtachsen zur Reifenstuelstraße und Ehrengutstraße wären ohne dieses Gebäude empfindlich gestört“, so der BA in einem interfraktionellen Antrag vom 11. Juni, in dem gefordert wurde, den Denkmalschutz für das Anwesen zu prüfen.

Am Ende hatten all diese Bemühungen Erfolg – die Thalkirchner Straße 110 bleibt stehen.

 

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