Studenten demonstrieren gegen Stürzenberger

Studenten der LMU wehren sich gegen den Missbrauch des Namens der "Weißen Rose" und gehen am Mittwoch gegen die rechte Partei "Die Freiheit" auf die Straße.
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Michael Stürzenberger hetzt gegen Muslime.
Petra Schramek Michael Stürzenberger hetzt gegen Muslime.

MAXVORSTADT/ALTSTADT Seit Monaten sammelt Michael Stürzenberger mit seiner rechten Partei "Die Freiheit" Unterschriften gegen das "Zentrum für Islam in Europa München". Auch am Mittwoch ist er wieder auf dem Marienplatz, um gegen Muslime zu hetzen. Doch heute muss er mit noch mehr Gegenwind rechnen: Studenten der LMU haben sich um 15.15 Uhr vor dem Hauptgebäude verabredet, um gemeinsam zum Marienplatz zu gehen. Um 16 Uhr wollen sie dort Michael Stürzenberger zur Rede stellen, weil er seine politische Agitation immer wieder mit dem Widerstand der Weißen Rose vergleicht, die im Nazideutschland gegen das menschenverachtende Regime gekämpft haben und deren Mitglieder dafür ihr Leben lassen mussten.

In einer Stellungnahme erklären die Fachschaften Politikwissenschaft, Pädagogik und Grundschulpädagogik, Psychologie und Schulpsychologie, Volkskunde, Kommunikationswissenschaft, Computerlinguistik, Statistik und Theaterwissenschaft und Dramaturgie, warum sie gegen Stürzenberger auf die Straße gehen:

Die Fachschaft des Geschwister-Scholl-Instituts der LMU wendet sich entschieden gegen Michael Stürzenbergers Gleichsetzung seiner rechtspopulistischen Agitation mit dem Widerstand der „Weißen Rose“ gegen den Nationalsozialismus. Auch wenn Susanne Zeller-Hirzel, ehemals Mitglied der Weißen Rose, sich bedauerlicherweise dafür hergegeben hat, die Farce einer angeblichen Neugründung der Weißen Rose zu unterstützen, ändert dies nichts an der Tatsache, dass das Handeln der Gruppierung um Stürzenberger dem Streben der Weißen Rose fundamental entgegenläuft.

Die Weiße Rose, nach deren Mitgliedern Sophie und Hans Scholl unser Institut benannt ist, war eine kleine Gruppe von Menschen, die sich allein mit dem geschriebenen Wort gegen ein totalitäres Gewaltregime stellte – ein Regime, das seine Skrupellosigkeit im Umgang mit Dissidenten bereits umfassend unter Beweis gestellt hatte. Den Mitgliedern der Weißen Rose war also die Gefahr bewusst, in die sie sich begaben, als sie sich über Flugblätter an ihre Mitbürger wandten, um angesichts der nationalsozialistischen Diktatur für Freiheit, Menschlichkeit und Vernunft einzustehen. Dabei sind die Aufrichtigkeit und die moralische Integrität bewundernswert, mit denen die Weißen Rose Werte verteidigte, die um sie herum tagtäglich mit Füßen getreten wurden.

Die Parallelen zwischen der Weißen Rose und Stürzenberger sowie seiner rechtspopulistischen Partei „Die Freiheit“ sucht man indes – wenig überraschend – vergeblich. Obgleich dieser Mann sich offensichtlich gerne als Kämpfer für die Demokratie stilisiert und sein fragwürdiges Treiben in die Tradition des Widerstands gegen diktatorische Regime stellt, finden sich bei ihm doch nur Populismus und Hetze.

Mit kruden und unsachlichen Behauptungen verfemt Stürzenberger muslimische Mitbürger und versucht, den Islam als „totalitäre Ideologie“ darzustellen. Statt der beanspruchten Zivilcourage und einer demokratischen Gesinnung transportiert seine Propaganda Vorurteile, Angstmache und Ressentiments. Um es deutlich zu sagen: Dieses Vorgehen erinnert weniger an den Geist der Weißen Rose, sondern eher an den jenes Regimes, dem sich die Geschwister Scholl und ihre Mitstreiter damals widersetzten.

Angesichts des mutigen Kampfes der Weißen Rose gegen die nationalsozialistische Barbarei erscheint Stürzenbergers PR-Aktion um die vermeintliche Beanspruchung des Erbes dieser Gruppe beinahe absurd komisch; besonders amüsant finden wir sie dennoch nicht. Als Studierende des Geschwister-Scholl-Instituts verurteilen wir vielmehr die geschmacklose Pervertierung der Ideale der Weißen Rose, die in einer solchen Vereinnahmung impliziert ist.

 

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