Streit um Hofstatt-Baulärm

Altstadt - In den Jahren 2008 bis 2013 begann der Arbeitstag von Torsten Blüher (54) des Öfteren mit – putzen. Das gehört nun eher nicht zur Jobbeschreibung für den Geschäftsführer eines vegetarischen Edelrestaurants. Doch in der Hackenstraße herrschte für die Anwohner jahrelang eine Art Ausnahmezustand.
Grund war die Großbaustelle „Hofstatt“ im Block. Das Projekt der Immobilientochter der Landesbank Baden-Württemberg (LBBW) sorgte für jede Menge Lärm und Staub in der Nachbarschaft. Parkplätze waren ein rares Gut, auch optisch war die Baustelle eher abschreckend.
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60.000 Euro anstelle von 810.000 Euro
All das habe zu enormen Umsatzeinbußen und Mehrkosten fürs Putzen gesorgt, sagt Restaurant-Chef Blüher. Er fordert die stolze Summe von 810 000 Euro von der LBBW-Tochter.
In erster Instanz wurde ihm zwar ein Anspruch auf Schadenersatz für Reinigungskosten zugestanden. Allerdings kam das Landgericht zu dem Schluss, dass 60 000 Euro für die Jahre 2010 bis 2012 ausreichend seien. Gerade einmal sieben Prozent der geforderten Summe.
Gewinnverluste des Restaurants wurden in dem Urteil gar nicht berücksichtigt. Das Gericht argumentierte unter anderem, dass auch die damalige Weltwirtschaftskrise und das Wegziehen von Süddeutscher Zeitung und Abendzeitung aus der Sendlinger Straße mögliche Ursachen für den Umsatzrückgang gewesen sein können. Für Bühler kam das Urteil einer Watschn gleich. Er ging in Berufung. Und erklärte bei der Verhandlung am Mittwoch, dass es schon eine bittere Erfahrung gewesen sei, als die Stammkunden wegblieben. Nicht wegen der Krise, sondern weil das Baustellen-Areal gemieden wurde.
Das kann auch der OLG-Senat unter dem Vorsitz von Richter Wolfgang Wagner nachvollziehen. Die Richter haben – wie andere Münchner auch – das Viertel während der Bauzeit eher gemieden. Doch ob das reiche, um einen Schadenersatz zu begründen, ließ das Gericht zu Prozessbeginn offen.
Immobilien-Investor: Baustellen-Belästigungen waren zumutbar
Zwar könnte das Urteil des Landgerichts vielleicht mit allzu heißer Nadel gestrickt worden sein. Aber das Verfahren sei weiter „ein großes Schlachtfeld“, der Ausgang völlig offen. Von 0 bis 810 000 Euro Entschädigung ist also alles drin.
Der beklagte Immobilien-Investor argumentiert, dass die Baustellen-Belästigungen zumutbar waren und das Viertel durch die Hofstatt inzwischen aufgewertet worden sei. Auch das Restaurant in der Hackenstraße profitiere davon. Die zusätzlichen Restaurant-Einnahmen durch diesen Effekt müsse man mit einem etwaigen Schaden während der Bauzeit verrechnen.
Die Parteien wollen nun versuchen, sich in den nächsten Wochen zu vergleichen. Ein Grund: Allein das notwendige Gutachten würde wohl einen hohen fünfstelligen Betrag kosten. Sollte der Vergleich nicht zustande kommen, will der Senat am 8. Juni die Verhandlung fortsetzen. Und mit einer aufwändigen Beweisaufnahme beginnen.