Stadtteilfest am Samstag: Auf geht's nach Ramersdorf

Ramersdorf - Sanierungsgebiet - so hat die Stadt den alten Ortskern von Ramersdorf mal eingestuft, der zwischen dem Werksviertel und dem Ostpark im Münchner Osten liegt - mit dem Ziel, das Viertel aufzuwerten. Dazu braucht's nicht nur hübsche Verkehrslösungen, sondern auch den Blick auf das, was das Stadtviertel mit seinen Menschen zu bieten hat: tolle Läden etwa, liebenswerte Plätze, Geschichtenerzähler oder Projekte, die Lust darauf machen, mit dabei zu sein.
Die "Münchner Gesellschaft für Stadterneuerung" hat sich deshalb die Stadtteilmarke "Daheim in Ramersdorf" ausgedacht, die fürs Viertel, seine Händler und Sozialeinrichtungen werben und dabei auch den lokalen Einzelhandel stärken soll.
Womöglich sind sogar die Ramersdorfer selber überrascht, was sich alles in ihrer Nachbarschaft entdecken lässt.
Für die neue Stadtviertel-Webseite daheim-in-ramersdorf.de, die das Stadtviertel vorstellt, haben sich die Fotografin Gina Bolle und die Texterin Stefanie Witterauf auf die Suche nach besonderen Menschen, Läden und Orten gemacht und etliche Geschichten zusammengetragen. Die AZ zeigt Auszüge.
Die Porträtserie ist seit Freitag auf einigen Wandflächen im U-Bahn-Untergeschoss des Karl-Preis-Platzes zu sehen, darunter finden sich Ramersdorfer Ladeninhaber, Kulturmacher und Kreative und viele sonst wie Aktive aus dem Stadtteil und deren Geschichten.
Für diesen Samstag plant das Viertel ein Stadtteilfest, bei dem alle Münchner eingeladen sind, mal durch Ramersdorf zu schlendern, die Nachbarschaft kennenzulernen, in die Läden zu schauen und bei Spiel- und Spaßaktionen mitzumachen.
Eine historische Stadtteilführung beginnt beispielsweise um 14.30 Uhr mit der Ramersdorf-Kennerin Renate Wirthmann (Treff 14 Uhr an der Kirche St. Maria Ramersdorf). Um 14, 15 und 16 Uhr starten Hausbesichtigungen und eine Aufführung von "Bonnie & Clyde" im Festspielhaus (Rosenheimer Straße 192). Für Kinder gibt es eine Stadtrallye, rund um den Karl-Preis-Platz tritt das Zebra Stelzentheater auf, und Rabattaktionen in lokalen Betrieben gibt es auch, vom Wirtshaus bis zum Friseur.
Stadtteilfest Ramersdorf, Samstag, 11 - 17 Uhr. Mehr Veranstaltungsinfos: daheim-in-ramersdorf.de
Ein Sender für die Medienprofis von morgen

Das Ausbildungsradio M94.5 ist 2015 in die Rosenheimer Straße umgezogen. Seit drei Jahren ist Céline Schuster (21), die Moderatorin werden will, Teil der Redaktion. Im Flur gibt es eine Wand mit Fotos. "Das ist unsere Wall of Fame", sagt Céline. Jochen Breyer, Moderator des "Aktuellen Sportstudios" beim ZDF, ist dabei, Philipp Walulis, Grimmepreisträger 2012 und Nina Lea Kalbhenn, die bei Radio 95.5 Charivari moderiert.
Ausbildungsradio M94.5 Rosenheimer Straße 145
Schwarz und rot mit heißer Nadel

Sin City Ink steht auf der Scheibe, dahinter strahlt ein Kronleuchter und lässt die Pailletten der Kissen und den Totenkopf mit Strasssteinchen glitzern. Es fühlt sich an, als würde man in die Graphic-Novel-Stadt "Sin City" eintauchen. Alles ist schwarz und rot. Die Couch, die Blumendeko, die Fotos, die über den Flachbildschirm flimmern. Selbst Markus Schneider und seine Freundin Yasmin sind in schwarz und rot gekleidet. Seit 2019 leiten sie das Tattoostudio. Markus lebt seit 15 Jahren im Viertel, er hat schon eine Cocktailbar im Glockenbachviertel geführt, einen Club in Ägypten und eine Disco, den Volksgarten, der nur ein paar Hausnummern weiter in der Rosenheimer Straße war. Ein Tattookünstler aus Russland wird demnächst die Haut der Kundinnen und Kunden schmücken. Seine Spezialisierung sind fotorealistische Motive, so farbenfroh wie die Selbstporträts von Frida Kahlo, so realistisch wie die Gemälde von Gerhard Richter.
Sin City Ink Tattoostudio, Rosenheimer Str. 157
Liebesbriefe und alte Fotos aus dem Viertel

Wer etwas über die Geschichte von Ramersdorf erfahren will, der fragt am besten Renate Wirthmann. Seit 79 Jahren lebt sie im Stadtteil, ist wie ein wandelndes Lexikon, erzählt begeistert Anekdoten aus ihrem Viertel und gibt Stadtführungen für die Volkshochschule. 1992 hat Renate Wirthmann den "Arbeitskreis Stadtteilgeschichte Ramersdorf " mitgegründet, der Zeitzeugnisse gesammelt hat, bis 2019. Heute gehören 6.000 Fotos, Exponate (wie Liebesbriefe oder Schulhefte) und Jahreschroniken dem Stadtarchiv.
Okraschoten, Taschen und Palmwein

Vor 20 Jahren ist Chantal Amenikou von Togo nach Deutschland gezogen. Nach dem Abitur fing sie an, Politik und Wirtschaft zu studieren. Heute ist sie fünffache Mutter. Vor einem Jahr hat sie ihren Shilo Afro Shop eröffnet, mit einem Sortiment von Feinkost (von Okraschoten bis Palmwein) über Taschen und Stoffe bis zu Cremes für Afrohaare.
Shilo Afro Shop Rosenheimer Straße 159
Gemeinschaftsgarten mit Bienen
Die Siedlung um den Loehleplatz gehört zu den idyllischsten Flecken Münchens. Erbaut wurde sie Anfang des 20. Jahrhunderts, seither hat sich fast nichts verändert. Einige der Reihenhäuser und Einfamilienhäuser stehen unter Denkmalschutz. Liebevoll angelegte Vorgärten liegen hinter den Gartenmauern. In einem dieser Häuser wohnt Sylvia Zeußel.

Sie engagiert sich in der Wohnanlage und beim Gemeinschaftsgartenprojekt "rosen_heim”. Wilde Gräser, Hochbeete mit Tomaten, Gurken und Zucchini, ein Gartenhaus. Es gibt Insektenhäuser und Bienenstöcke. Kunst aus Fahrrädern, Bänke - und das Gefühl in einem Astrid-Lindgren-Roman gelandet zu sein.
Porträttexte: Stefanie Witterauf