Stadtspaziergänger trauert ein bisserl um Schwabing

Dass Schwabing tot ist, ist ein unwahres Gerücht – ein bisserl trauert der Stadtspaziergänger den alten Zeiten aber nach.
Sigi Müller |
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Zwei konstante Altschwabinger Perlen in der Occamstraße: das "Vereinsheim" und das "Lustspielhaus".
Sigi Müller 8 Zwei konstante Altschwabinger Perlen in der Occamstraße: das "Vereinsheim" und das "Lustspielhaus".
Erinnerung: Die alte "Schwabinger 7" in der Feilitzschstraße.
Sigi Müller 8 Erinnerung: Die alte "Schwabinger 7" in der Feilitzschstraße.
Die Reklame vom alten Schreibwarenladen am Wedekindplatz hängt noch.
Sigi Müller 8 Die Reklame vom alten Schreibwarenladen am Wedekindplatz hängt noch.
Alter Hut? Neuer Hut? Der Name der Kneipe wechselt öfters.
Sigi Müller 8 Alter Hut? Neuer Hut? Der Name der Kneipe wechselt öfters.
Hier war mal das alte "Podium" - es ist ruhig geworden.
Sigi Müller 8 Hier war mal das alte "Podium" - es ist ruhig geworden.
Legendär: das "grüne Eck" - hier wird sogar noch gekartelt.
Sigi Müller 8 Legendär: das "grüne Eck" - hier wird sogar noch gekartelt.
Dauergäste: zwei Legenden im Café Münchner Freiheit.
Sigi Müller 8 Dauergäste: zwei Legenden im Café Münchner Freiheit.
2017: das letzte Mal Livemusik im alten "Podium".
Sigi Müller 8 2017: das letzte Mal Livemusik im alten "Podium".

Altschwabing - "Ist Schwabing tot?", fragte mich kürzlich ein Pärchen bei einem Gespräch in der Stadt. Tot? Nein, dafür ist dort immer noch zu viel los. Die Rede ist von Altschwabing - also dem Geviert zwischen Feilitzsch-, Occamstraße und Umgebung. Ich habe mich daraufhin dort einfach wieder mal umgeschaut.

Die Schachspieler an der Münchner Freiheit haben offensichtlich zwei neue Figuren-Sätze bekommen - nachdem ich im Frühjahr über die alten verrotteten Teile berichtet habe. Und Helmut Fischer hat mit Helmut Dietl einen neuen Tischnachbarn bekommen.

Dauergäste: zwei Legenden im Café Münchner Freiheit.
Dauergäste: zwei Legenden im Café Münchner Freiheit. © Sigi Müller

 Die "Schwabinger 7" ist längst verschwunden

Sicher aber hat sich kein Eck so extrem stark verändert wie das kleine Stück Altschwabing in der Feilitzschstraße: Die alte "Schwabinger 7", kurz "die 7" genannt, ist längst verschwunden.

"Der alte Hut" ist aktuell der "neue Hut"

Einen Bioladen gibt es hier jetzt. Aus der legendären "Juke Box" ist ja schon vor Jahrzehnten ein McDonald's geworden. Tja, und "Der alte Hut" wurde zum "neuen Hut", wieder zum "alten Hut" - und ist jetzt wieder der "neue Hut". Etwas verwirrend? Schwabing halt.

Alter Hut? Neuer Hut? Der Name der Kneipe wechselt öfters.
Alter Hut? Neuer Hut? Der Name der Kneipe wechselt öfters. © Sigi Müller

In der Siegesstraße verschwanden der Musicshop, das Dorado für Münchner Musiker, die "Tomate" und das "Podium", das inzwischen nach Allach umgezogen ist.

Früher gab es 17 Livebühnen

Aber das zieht sich durch den ganzen Stadtteil. 17 Livebühnen gab es hier früher einmal. Fast aus jeder Kneipentür wummerten die Bässe der Bands, und man konnte zwischen fast allen Musikrichtungen wählen. So gut wie alle sind verschwunden.

Erinnerung: Die alte "Schwabinger 7" in der Feilitzschstraße.
Erinnerung: Die alte "Schwabinger 7" in der Feilitzschstraße. © Sigi Müller

Klar, es ist nicht wirklich ruhiger geworden, außer da, wo das alte Schwabinger Leben durch Wohnungen ersetzt wurde. Aber die Musik dudelt jetzt eher beiläufig und unbeachtet im Hintergrund, ausgesucht von der Playlist mit einem unendlichen Fundus an Titeln.

Playlists standen früher mit Gaffertape auf dem Boden

Playlists gab es auch früher schon. In der Regel per Hand geschrieben und mit Gaffertape auf den Bühnenboden geklebt. Der Heilige Gral für den Abend.

Hier war mal das alte "Podium" - es ist ruhig geworden.
Hier war mal das alte "Podium" - es ist ruhig geworden. © Sigi Müller

Mir fehlt diese Musik in der Stadt. Und damit meine ich nicht die Backgroundmusik in den Lokalen oder Helene Fischer mit 130 000 Besuchern in Riem. Nein, was fehlt, ist einfach die Szene. Die Musiker, die man in der Pause auf der Toilette traf und dort Musikwünsche äußern konnte, einfach die Vielfalt, die handgemachte Musik.

Wenn ich einen Schwabingwunsch hätte, würde ich mir wünschen, noch einmal einen Abend im alten "Podium" zu erleben.

2017: das letzte Mal Livemusik im alten "Podium".
2017: das letzte Mal Livemusik im alten "Podium". © Sigi Müller

Mit einem Bier von Wirtin Renate in der Hand, auf der Bühne die Troubleboys mit den Sireens, Sänger Klaus Paulus, der zum Intro von "Cadillac Ranch" (Bruce Springsteen) seine endlose, stets neu erfundene Geschichte über einen Cadillac mit offenem Verdeck, einem Sonnenuntergang und Büchsenbier zum Besten gab - und das tolle Gefühl, als dann endlich der Song zündete.

Wie heißt's so schön: It's only Rock 'n' Roll, but I like it.

In diesem Sinne eine schöne Woche
Ihr Sigi Müller

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10 Kommentare
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  • Witwe Bolte am 08.11.2022 06:50 Uhr / Bewertung:

    Irre war auch die Disco im Hotel Holiday Inn Leopoldstr. (da wo jetzt das sterile Schwabinger Tor ist - jedoch ohne Tor).
    Hinter Panzerglasfenstern schwammen echte Haifische zum Discobetrieb. War alles andere als tiergerecht, aber interessant wars trotzdem für alle. Leider hat man nie erfahren, wo die Haifische abgeblieben sind.
    Ja und das Schwabylon nebenan gabs damals auch noch mit Schlittschuhbahn u. Schwimmbad. Alles futsch.

  • Shelly am 08.11.2022 20:16 Uhr / Bewertung:
    Antwort auf Kommentar von Witwe Bolte

    Ach, Sie meinen das "Yellow Submarine", ja, das war wirklich was Besonderes. Wir waren nur einmal drin, aber die Erinnerung ist noch durchaus frisch.

  • dakaiser am 07.11.2022 19:33 Uhr / Bewertung:

    Podium, Allotria und und und. Leider ist es so: alles hat seine Zeit. Wenn ich die Kommentare so lese, sind das doch Leute wie ich, also solche, die das Schwabing in den 70ern und Achzigern geniessen durften. Es war einfach nur lässig. Es gibt auch kein Kytaro mehr ( wie das in Haidhausen),kein schumanns mehr in der Maximiliansstraße ,kein Kays Bistro, keinen Roy, kein Charly M , kein cooles P1 (das damals noch auf der anderen Seite war) und ehrlich gesagt nicht mit dem Charly auch nur ansatzweise verglichen werden konnte. Aber in Erinnerungen zu schwelgen ist auch schön. Ich liebe mein München trotzdem. A Mass am Viktualienmarkt, am Chinaturm, im Augustiner, schön Essen beim Katzelmacher, im Austernkeller. Es waren soviel mehr echte Promis in meiner Stadt und es war einfach nur schön und saulustig. Und ich lebe so gerne immer noch in Schwabing. Meine Kinder sehen das etwas anders. Sie sind aber auch keine von Beruf Tochter oder Sohn. Zu beobachten besonders auf der Wiesn. Jamei

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