Soll ein Golfplatz einem Park weichen?
Thalkirchen - Auf dem grünen Schild steht: "Golfplatz - Zutritt nur für Spieler. Unfallgefahr durch fliegende Bälle". Wer in Thalkirchen zum Hinterbrühler See spaziert, dem begegnen einige solcher Schilder - sogar die Caddys der Golfer queren bisweilen den Spazierweg. "Golfen für Wenige oder Erholung für Viele?", das ist die Frage, die sich an dem idyllischen Ort der Floßlände stellt.

Stadt München hat 14 Hektar Land an Golfplatz verpachtet
So formuliert es zumindest Klaus Bäumler vom Münchner Forum. Er hat jetzt eine heiße Diskussion angestoßen. Denn: Seit 1951 hat die Stadt München 14 Hektar städtisches Gelände nahe der Isar an den Verein Münchener Golf Club verpachtet.
Der Neun-Loch-Golfplatz hat das ganze Jahr über Saison. 2024 läuft der Pachtvertrag für das Areal mit Rasenflächen, See und Springbrunnen an der Floßlände aus. Naturschützer wie Martin Hänsel vom Bund Naturschutz plädieren dafür, hier die Auenlandschaft zu renaturieren: "Das ist eine sensible Fläche. Sie ist eingebettet in den Hinterbrühler Park und das Flora-Fauna-Habitat-Gebiet Oberes Isartal", informiert Klaus Bäumler.

Die Mitglieder und Gäste vom Verein Münchener Golf Club möchten allerdings auf dem Stadtgebiet mindestens bis 2030 weiter Golf spielen. Hier, in der Zentralländstraße 40 und nicht außerhalb in Straßlach, wo ihr Golfclub eine Dependance hat: mit einer 27-Loch-Anlage.
Schon 1976 waren einige Stadträte gegen Verlängerung der Pacht
Die kritischen Bürger vom Münchner Forum sind alarmiert und wollen endlich eine Klärung. Das Kommunalreferat hat 2019 für eine Verlängerung des Pachtvertrages bis 2030 votiert. Das hat Bäumler schriftlich und sagt: "Das Referat hat vor einem Jahr keinen Anlass und keine Notwendigkeit gesehen, den Golfplatz aufzulassen und die städtischen Flächen der Allgemeinheit zur Verfügung zu stellen."
Bäumler leitet den Arbeitskreis "Öffentliches Grün" im Münchner Forum. Mitglieder des Vereins und einige Münchner Bürger haben Sorge, dass die Stadt weiter im Interesse der Golfer agiert, wie schon 1976. Als die Stadt dem Verein den Pachtvertrag verlängert hat, obwohl SPD-Stadträte, wie Inge Hügenell, damals dagegenhielten: "70 Prozent der Münchner verbringen bei schönem Wetter ihre Freizeit im Stadtgebiet. Der Bereich Floßlände an der Isar erfreut sich großer Beliebtheit. Der schönste Flecken wird jedoch nur von wenigen Bevorzugten genutzt", wetterte die SPD-Stadträtin vor 44 Jahren vergeblich.
Naturfläche soll Erholungsraum aller Bürger sein
1999 sollte der Pachtvertrag Stadt-Golfclub erneut auslaufen. Damals verlängerte die Stadt die Pacht aber gleich um 25 Jahre - bis zum 31. Dezember 2024. "Wieso findet so etwas statt?", wundert sich Klaus Bäumler: "Jedenfalls scheint es eine starke Gruppe zu geben, die es versteht ihre Interessen wahrzunehmen. Mitglieder der CSU-Stadtratsfraktion, darunter Kristina Frank, hatten am 3. Januar 2017 einen Antrag auf vorzeitige Pachtverlängerung für den Golfplatz gestellt. Als Kommunalreferentin ließ Kristina Frank dann im September 2019 mitteilen, dass nach interner Abstimmung mit den Referaten einer Vertragsverlängerung für den Golfclub bis 2030 zugestimmt werden kann", ärgert sich der 78-jährige Klaus Bäumler.
Er hat beim Referat für Gesundheit und Umwelt recherchiert und sagt, er habe einen Beleg dafür gefunden, warum die Stadt nicht weiter verpachten darf: einen alten wasserrechtlichen Bescheid von 1907. Dieser verfügt laut Klaus Bäumler: "Rechtlich muss die Fläche in ein öffentlich zugängliches Grün umgewandelt werden. Die Stadt darf ihre Naturfläche nicht länger verpachten. Der Hinterbrühler Park gehört der Stadt und damit ihren Bürgern als Erholungsraum." Denn die Münchner Bevölkerung wächst spürbar. Die Stadt wird dichter. Das Bedürfnis der Menschen nach Grünflächen zum Spazierengehen, Joggen, Frisbeespielen, einfach zum Durchschnaufen ist dazu durch Corona angestiegen.
Petition für Park im Bayerischen Landtag
Nicht nur im Namen des Münchner Forums, auch als Privatperson kämpft Klaus Bäumler gegen den Golfplatz und für einen Park. Im Juli 2020 hatte er eine Petition im Bayerischen Landtag eingereicht. Mit dem Ziel, dass die Verpachtung der 14 Golfplatz-Hektar an der Isar, die städtisches Gelände sind, über den 31. Dezember 2024 ausbleibt. Die Petition hat Bäumler jedoch diese Woche zurückgezogen: "Weil es inzwischen neue Erkenntnisse gibt und den sehr guten Antrag der Linken, der die Fakten auf den Tisch bringt", erklärt er (siehe Kasten). Bäumler: "Nun sind der OB und die Stadtverwaltung am Zug. Ich bin optimistisch."
Im Sommer will der Münchener Golf Club (MGC) in seinem Clubhaus mit Sonnenterrasse 70-jähriges Bestehen feiern. Zur Diskussion um den umstrittenen Pachtvertrag sagt Daniel Hahn, Leiter der Anlage in Thalkirchen: "Wir sind nicht erfreut und unsere Mitglieder sind verunsichert. Wir sind kein Club für reiche Leute, sondern ein gemeinnütziger Verein und machen viel Jugendarbeit." Golf Club-Geschäftsführer Alexander Sälzer erklärt: "Seit den 50er Jahren liegt eine rechtskräftige Baugenehmigung für Golfplatz und Clubhaus vor."
Münchner Forum will Klarstellung von OB Reiter
Das Münchner Forum hat Dieter Reiter (SPD) per Brief um eine Klarstellung gebeten. "Der OB ist an dieser Stelle gefordert - und zwar in aller Schärfe", so Bäumler. Teilt der OB die Meinung des Kommunalreferats? Oder möchte er den Naturraum der südlichen Isar der Allgemeinheit zur Verfügung stellen? "OB Reiter muss diese Entscheidung treffen", fordert das Münchner Forum.
Die Antwort steht aus. Klaus Bäumler aber sieht Land bei seinem Kampf gegen den Golfplatz an der Isar: "Der massive und rechtswidrige Eingriff, beginnend mit der Verpachtung 1950, wird durch den Ablauf von viel Zeit nicht geheilt." In Zukunft hofft der Münchner auf unbeschwerte Spaziergänge an der Floßlände in Thalkirchen, "ohne dass ich am Hinterbrühler Weg aufpassen muss, dass mir kein Golfball an den Kopf knallt".
Neuer Naturraum an der Isar: Rückenwind von den Linken
Jetzt springt Die Linke im Stadtrat Klaus Bäumler vom Münchner Forum zur Seite. Die Fraktion hat am Dienstag den Antrag gestellt und fordert, dass wichtige Dokumente "unverzüglich veröffentlicht" werden müssen: Wie der entscheidende historische Wasserrechtsbescheid vom 10. Juli 1907. So könne man nachweisen, dass das Areal des Münchener Golf Clubs der Öffentlichkeit "rechtswidrig entzogen" sei.
Die Linke schreibt: "Es gibt Initiativen, den Pachtvertrag zu verlängern. Der Münchener Golf Club verfügt aber in Straßlach über einen weiteres Golfplatzareal, ist also in seinem Bestand nicht gefährdet." Die Fraktion fordert, dass der Pachtvertrag Stadt/Golfclub "unwiderruflich" 2024 endet. Später sollen die 140.000 Quadratmeter Grün nach Grundsätzen der EU-Biodiversitätsstrategie als wertvoller Natur- und Erholungsraum für die Münchner aufgewertet werden. "Ein Konzept dafür hat die Untere Naturschutzbehörde im Planungsreferat bereits 1992 entwickelt", sagt Linken-Stadträtin Brigitte Wolf.