So wirbt die Kirche um Mitglieder

Gerade zum Jahreswechsel kehren mehr Menschen zurück zur Kirche. Weil es viel mehr Aus- als Eintritte gibt, gehen die Kirchen auf verlorene Schäfchen zu – in München etwa mit einer Wiedereintrittsstelle  
von  AZ
Pfarrerin Sandra Zeidler in der Münchner Eintrittsstelle.
Pfarrerin Sandra Zeidler in der Münchner Eintrittsstelle. © Stephan Jansen/ dpa

 

Gerade zum Jahreswechsel kehren mehr Menschen zurück zur Kirche. Weil es viel mehr Aus- als Eintritte gibt, gehen die Kirchen auf verlorene Schäfchen zu – in München etwa mit einer Wiedereintrittsstelle

Altstadt - Sandra Zeidler versteht ihr Büro als „offenes Fenster“. Sie arbeitet in der Wiedereintrittsstelle der evangelischen Kirche in München. Zu ihr in die Herzog-Wilhelm-Straße kommen Menschen, die einmal aus der Kirche ausgetreten sind, nun aber zurückkehren wollen.

Wer sich für diesen Schritt entscheidet, muss weder eine Prüfung ablegen noch Gebete auswendig aufsagen und auch keine kritischen Fragen beantworten, warum er denn einst ausgetreten ist.

„Wir geben das Signal: Wenn ihr wieder eintreten wollt, seid ihr willkommen“, sagt Zeidler.

Seit Jahren kämpfen die beiden großen Kirchen in Deutschland gegen zahlreiche Kirchenaustritte. Der Protzbischof von Limburg, die Kirchensteuer, der Missbrauchskandal – nicht nur die katholische Kirche ist betroffen, auch viele Protestanten kehren ihrer Kirche den Rücken. Mit ihren Wiedereintrittsstellen in München, Nürnberg und Augsburg will die evangelische Kirche die Chance zur Rückkehr ermöglichen.

Bei den Katholiken hat im Frühjahr 2012 die Stadtkirche Nürnberg eine Wiedereintrittsstelle eingerichtet. Zu den zahlreichen Beratungsangeboten des Hauses der Stadtkirche in der Nürnberger Fußgängerzone gesellte sich auch die Einladung zum Wiedereintritt: „Es ist ein niederschwelliges Beratungsangebot“, sagt Stadtdekan Hubertus Förster. Vermittelt wird entweder ein Kontakt zu einem Seelsorger oder der Kontakt zur jeweiligen Pfarrei.

Wer wieder eintreten will in die katholische Kirche, sollte seine Taufurkunde mitbringen und die Austrittserklärung. Nach einem Gespräch wird ein Antragsformular ausgefüllt, das an das Generalvikariat geht. Von dort kommt dann die Erlaubnis zur Wiederaufnahme.

Zum offiziellen Akt der Rückkehr gehört in der katholischen Kirche das Sprechen des Glaubensbekenntnisses. Förster wählt hierfür gerne den Kirchenraum und gestaltet eine kurze Zeremonie.

Die Gründe für die Rückkehr seien vielfältig – da sei der Mann, der ein Patenamt übernehmen möchte. Da sei der ältere Mann, der sich schon lange mit den Glaubensinhalten der katholischen Kirche auseinandersetzt. „Es gibt ganz viele verschiedene Motive“, sagt Förster.

Das hat auch Pfarrerin Elke Wewetzer festgestellt. Seit genau sieben Jahren gibt es in Nürnberg die Wiedereintrittsstelle für Protestanten, die sie leitet. „Manche merken nach einer Weile: Christ sein geht nur in der Gemeinschaft. Sie sagen: Wir wollen wieder dazugehören.“ Andere Gründe seien etwa „die schönen Ereignisse im Leben“ – wie die Geburt eines Kindes oder eine bevorstehende Hochzeit.

Ihre Münchner Kollegin Zeidler sagt, dass auch oft in einer Beziehung der Weg über den Partner zurück zur Kirche führt: „Das höre ich oft: Der Partner ist in der Kirche engagiert, dem ist das wichtig.“

Zum Jahreswechsel registriert Zeidler etwas höhere Zahlen. Sonst gebe es durchschnittlich 15 bis 20 Wiedereintritte pro Monat, im Dezember und Januar mehr. Das habe sicher mit Weihnachten zu tun und mit den guten Vorsätzen: „Im neuen Jahr nimmt man sich sowas vor.“

Eintreten könne man genauso gut in einer Kirchengemeinde. Aber gerade die Eintrittsstelle symbolisiere die Offenheit der Kirche für die Ausgetretenen.

2012 sind knapp mehr als 3700 Menschen in Bayern wieder in die Landeskirche eingetreten. Zum Vergleich: Ausgetreten sind 15900. Die katholische Kirche registrierte mehr als 32 000 Austritte – und 1053 Eintritte laut Statistik der Bischofskonferenz.

 

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