So lebt Münchens schlimmster Mieter

Gut zwei Jahre lang lebte Andre M. in einer Wohnung in der Heßstraße in der Maxvorstadt. Miete gezahlt hat er allerdings selten. Kurz vor der Zwangsräumung floh er – und hinterließ ein stinkendes Chaos.  
von  Christian Pfaffinger
Chaos in der Kochnische: Spülbecken, Arbeitsplatten und selbst der Boden gehen hier im Abfall unter.
Chaos in der Kochnische: Spülbecken, Arbeitsplatten und selbst der Boden gehen hier im Abfall unter. © Sigi Müller

Gut zwei Jahre lang lebte Andre M. in einer Wohnung in der Heßstraße in der Maxvorstadt. Miete gezahlt hat er allerdings selten. Kurz vor der Zwangsräumung floh er – und hinterließ ein stinkendes Chaos.

München - Was Andre M. die letzten Monate gegessen hat, sieht man auf einen Blick: Pizza, Burger, Döner, Asia-Fastfood. Dazu Cola oder Pils. Auch den länger zurückliegenden Speiseplan könnte man herausfinden – man müsste nur graben. In der Küche, im Gang oder im Wohnzimmer.

Dort steht ein einsamer Stuhl. Mitten im Müll. Unzählige Kippenschachteln, aufgerauchte Stummel, Plastiktüten, schmutzige Wäsche, Eierschachteln und Wurstverpackungen. Dazwischen Schuhe, Briefe vom Arbeitsamt, ein paar Tetrapaks.

„Das ist richtig widerlich“, sagt ein Nachbar, der fassungslos durch die Wohnungstür auf die Abfallberge schaut. „Der war ja schon immer ein bisschen komisch, der M., sehr unfreundlich, hat nie gegrüßt. Aber sowas hätte ich nie gedacht.“

Andre M. lebte gut zwei Jahre in einer Wohnung in der Heßstraße. Miete zahlte er dafür kaum, ließ sich herausklagen, floh kurz vor der Zwangsräumung und hinterließ ein Dreckloch.

Sein ehemaliger Vermieter ist entsetzt, als er mit dem Gerichtsvollzieher die Tür öffnet. „So etwas hatte ich noch nie gesehen“, sagt der Immobilienbesitzer, der nur Hausverwalter F. genannt werden will. „Dieser Mieter hat meine Wohnung komplett zerstört – und ich bleibe auf dem ganzen Schaden sitzen!“ Seine Anwältin schätzt den Gesamtschaden auf 10.000 bis 15.000 Euro. Und der Schuldige hat sich aus dem Staub gemacht.

Für Hausverwalter F. ist Andre M. deshalb ein Mietnomade, der ihn dreist betrogen hat – weil er es konnte. Münchens schlimmster Mieter bekam die Wohnung recht leicht.

Lesen Sie hier: Tipps für Vermieter - Mietnomaden sind Betrüger

Er arbeitete im Herbst 2011 bei einer IT-Firma und half der Hausverwaltung F. bei Computerproblemen. Beiläufig fragte er nach einer Wohnung – und bekam eine: zwei Zimmer, 45 Quadratmeter, Küche, Bad und Balkon in guter Lage in der Maxvorstadt. Seine Selbstauskunft haben die Mitarbeiter der Hausverwaltung nicht nachgeprüft. Er bekam den Zuschlag einfach so, ohne Provision und zu einer Kaltmiete von 650 Euro. Bezahlt hat er die selten.

Die Mietausfälle häuften sich. Bis es dem Vermieter Mitte letzten Jahres nach mehreren ergebnislosen Mahnungen zu viel wurde. Er kündigte Andre M. fristlos. Doch der wollte nicht gehen. Der Vermieter klagte und setzte eine Räumung durch. „Der Termin dafür stand schon fest“, erzählt F., „da drohte der Mieter, dass er sich umbringen und andere mitnehmen werde.“

Dem Gerichtsvollzieher war das zu heikel, ein psychiatrisches Gutachten musste her, viel Zeit verging. Im zweiten Anlauf wurde die Wohnung jetzt doch geräumt – und das Chaos darin entdeckt.

Den Vermieter kommt das teuer. Zu den Mietausfällen addieren sich Kosten für die Anwältin, für die Prozesse und den Gerichtsvollzieher. Und renovieren muss F. die Wohnung natürlich auch. „Das zahlt mir niemand“, klagt er. Zwar konnte er die Kaution einbehalten, doch seinen Schaden deckt das lange nicht. „Und der Mann hat seinen Job lang nicht mehr, ist arbeitslos. Wie soll ich von dem was bekommen?“, sagt F.. Er will Andre M. zur Rede stellen. Doch der ignoriert alle Anrufe und Briefe.

Auch mit der Presse will Andre M. nicht sprechen. Mehrmals ruft die AZ auf seinem Handy an, nur einmal wird abgehoben: „Ja?“ Der Reporter stellt sich vor – und hört es tuten.

Hausverwalter F. wird die verwahrloste Wohnung jetzt räumen und sanieren lassen. Seine Anwältin wird weiter versuchen, Geld von Andre M. zu bekommen. Die Chancen dafür aber stehen ziemlich schlecht.

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