Sepp Krätz: Der geheime Kampf ums Hippodrom
Der Wiesn-Wirt steht ab 13. März wegen Steuerhinterziehung vor Gericht in München - und könnte sein Wiesn-Zelt verlieren. Diese Wirte wollen ihn beerben.
Ludwigsvorstadt - Hinter dem Hippodrom-Oktoberfestzelt wird schon heftig mit den Hufen gescharrt. Unter strengster Geheimhaltung läuft das Kommando eines noch nicht dagewesenen Wiesn-Streichs.
Drei Münchner Erfolgswirte haben sich für das nicht leicht zu steuernde Ausgeh-Mekka Hippodrom auf dem Oktoberfest beworben. Sie sind bereits mit der Zeltbau-Firma Deuter für Planung und Statik eines neuen Zeltes in ernsthaften Kontakt getreten – alles für den Fall, dass der Entertainer-Gastronom und mehrmals ausgezeichnete Wirt des Jahres Sepp Krätz wegen seines Steuerverfahrens unter die Räder gerät – und von der Wiesn fliegt. Das würde fraglos passieren, wenn er wegen Steuerhinterziehung verurteilt wird; der Prozess beginnt am 13. März.
Gegenseitig haben Lorenz Stiftl („Spöckmeier“), Jürgen Lochbihler („Pschorr“) und die Familie Rubenbauer („Bahnhofsgaststätten“) größtes Stillschweigen vereinbart. Fest steht: Bis jetzt gibt es noch keine Ära nach Krätz. Noch ist alles offen, es gilt die Unschuldsvermutung.
Das Trio betont, dass es Krätz nur das Beste wünscht, dass er bleiben darf. Man würde aber im Falle ihres Zuschlags unter mörderischem Zeitdruck stehen und müsse mit einem vertrackten Timing zurecht kommen.
Eine Zulassung für die Wiesn 2014 (20. September bis 5. Oktober) erfolgt am 28. April – für einen Zelt-Neubau (Kosten: zwei bis drei Millionen Euro) ist die Zeit fast zu kurz. Um das Risiko zu mildern, sind die drei Bewerber, die im letzten Jahr bis 31. Dezember ihr Wiesn-Interesse bekundet haben, auf die Idee gekommen, die Kosten zu dritteln – und sie haben sich zusammengetan:
Wer den Zuschlag erhält, muss die anderen auszahlen, so lautet angeblich die streng vertrauliche Vereinbarung. Der Countdown der drei Gasthaus-Kollegen ist Sepp Krätz natürlich zu Ohren gekommen, und er kommentierte das Vorhaben hinter seinem Rücken so: „Sehr interessant.“
Sepp Krätz ist Besitzer des Hippodrom. Ein Zelt mit 111-jähriger Tradition, das unter Denkmalschutz gehört, weil das Oktoberfest ohne dieses irgendwie kastriert wirken würde. Wenn er nicht mehr Wirt auf der Wiesn sein dürfte, würde er die Bier-Burg verkaufen.
Vor Jahrzehnten, als der Hausherr noch Claus Mayr hieß, konnten sich im damals wesentlich größeren Zelt die Besucher auf einer Pferderennbahn amüsieren. Auf der Empore saßen an der Bar, die sich über die volle Zeltbreite erstreckte, hunderte von Pferdefreundinnen, berühmt für leichten Aufgalopp.
Klaus Bieringer, Geschäftsführer des Zeltbau-Unternehmens Deuter, bat bei der AZ-Anfrage um Verständnis, keine Details des Vorhabens bekannt geben zu können. Es muss aber noch andere Hippodrom-Interessenten geben. Beim Zeltbau-Konkurrenten Pletschacher sagte mir eine freundliche Dame: „Das ist ein heißes Eisen, fragen Sie doch die Auftraggeber.“
Siegfried Able („Eiszauber“ am Stachus), einer der geschicktesten ambulanten Unternehmer, dessen Familie nebst Tanten und Anverwandten auf der Wiesn so weit verzweigt ist wie Alfons Schuhbeck am Platzl, verriet, sich ebenfalls beworben zu haben.
Able: „Ich stehe bereit, wenn was frei wird, man muss sowas auch stemmen können. Das glauben viele. Ich hoffe, dass Sepp Krätz das Zelt behalten kann. Er hat aus einer Bruchbude das geschaffen, was ihm keiner nachmachen wird.“ Krätz’ gefährliche Steuerangelegenheit, sagt Able, habe sich womöglich „aus einem Mitarbeiter-Problem“ entwickelt.