Schwollschädel vor dem Nationaltheater
Für so ein Mordstrumm Kopf gibt es in Bayern wirklich einen schönen Begriff: Schwollschädel. Der sitzt am besten noch auf einem Stiernacken, aber wir wollen nicht ausschweifen und in der weißblauen Politik landen. Zumal die riesigen Köpfe, die derzeit am Max-Joseph-Platz vor dem Nationaltheater die Passanten überraschen, vom Rumpf abgetrennt sind. Rollschädel wäre also richtiger.
Wobei die performative Angelegenheit durchaus politisch ist. Bundeskanzlerin Angela Merkel, die machtlos am Boden liegt, ist noch leicht auszumachen. Beim zweiten Pappkopf handelt es sich um Mario Draghi, den einigermaßen wahnsinnigen Präsidenten der Europäischen Zentralbank, der die Märkte mit Billigzinsgeld flutet.
Künstler wollen eine Botschaft an den Mann bringen
So ist denn im Titel dieser Kunstaktion auch von „Europäischen Defigurationen“ die Rede, und von „Irrenden“. Was das dritte Konterfei anbelangt – das sehen Sie im Foto –, muss man in der Geschichte Haitis firm sein. Denn gemeint ist Dutty Boukman. Der schwarze Rebell hat dort 1791 den ersten Aufstand der Sklaven angeführt.
Und dann tönt noch ein überdimensionales Megaphon, schließlich wird bei der täglichen Performance etwas verkündet: Es geht m Finanzmärkte und Migration, liest man. Die sich überlagernden Textfetzen verschwinden im Nirwana zwischen Asphalt und Häuserschluchten. Man möchte womöglich nicht zu plakativ sein, aber vielleicht sollte die Berliner Künstlergruppe Bankleer – das sind Karin Kasböck aus Mühldorf und Christoph Maria Leitner aus Altötting – ein wenig nachbessern.
Denn wer mit solch illustren Köpfen operiert, will eine Botschaft an den Mann bringen. Andernfalls bleibt’s mal wieder bei einem Reigen netter Münchner Bilder (Max-Joseph-Platz bis Sonntag täglich von 16 bis 20 Uhr).
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