Schillerstraße: Der nächste Akt im Hoteldrama

Der Streit um den Bau eines Hotels in der Schillerstraße eskaliert: Es geht um versuchte Erpressung, raffinierte Fallen und viel Geld.
von  Paul Nöllke
Links die Baulücke für das "Motel One", das schwarze Haus rechts ist Leo Milchikers Hotel "Schiller 5".
Links die Baulücke für das "Motel One", das schwarze Haus rechts ist Leo Milchikers Hotel "Schiller 5". © Sigi Müller

Ludwigsvorstadt - Leo Milchiker ist 91 Jahre alt, seit 1945 in München und seit 2005 Hotelier, der dafür bekannt ist, jeden Morgen mit seinen Gästen zusammen zu frühstücken.

Ein geplanter Neubau sorgt für heftige Diskussionen

Und Leo Milchiker ist ein Erpresser - behauptet zumindest der Rechtsanwalt Wolf-Rüdiger Bub. Was ist geschehen?

Es ist die nächste Eskalationsstufe in einem Hotelstreit, der München schon lange beschäftigt: ein Streit um den Neubau eines "Motel One" in der Schillerstraße. Auf der einen Seite: Peter Fritsche und Hubert Haupt von der Grünwalder "Concrete Capital GmbH" wollen hier ein Hotel mit 269 Zimmern und zehn Wohnungen bauen. Vertreten werden sie vom Rechtsanwalt Wolf-Rüdiger Bub.

Doch direkt neben der Baustelle: Leo Milchikers Hotel, das "Schiller 5". Er wird von Anwalt Benno Ziegler vertreten. Im Zentrum des Streits steht die Frage, ob durch den Neubau des "Motel One" Grundwasser so gestaut wird, dass das Nachbarhaus, in dem sich das "Schiller 5" befindet, Wasserschäden davontragen könnte.

 Ab August war es um die Baustelle ruhig geblieben - bis jetzt

Das Referat für Klima- und Umweltschutz (RKU) hatte den Neubau genehmigt - jedoch nur, weil die Erbauer falsche Angaben gemacht hätten, behauptet Milchikers Anwalt.

Leo Milchiker gegen...
Leo Milchiker gegen... © ho

Die Nachbarn um Milchiker klagten und bekamen recht. Seit August gilt ein Baustopp - an der Schillerstraße klafft eine leere Baulücke und kurzzeitig herrscht Ruhe um das umstrittene Bauprojekt.

Eine Millionensumme könnte den Ärger beenden

Doch nun ist der Streit wieder aufgeflammt - und wird bitterer denn je geführt. Laut AZ-Informationen soll Milchikers Anwalt, Benno Ziegler, im Oktober eine E-Mail an die "Motel One" Erbauer Peter Fritsche und Hubert Haupt geschrieben haben.

Darin ein Angebot: Gegen eine Zahlung von 2,8 Millionen Euro - oder eine Zahlung von 1,95 Millionen Euro und einen Anteil von drei Prozent am Unternehmen der Bauherren - werde man dem Bauvorhaben keine Steine mehr in den Weg legen. Unter anderem werde man eine Petition vor dem Landtag, die sich gegen den Grundwasserstau richte, zurückziehen. Zudem werde man keine negative Pressearbeit gegen das Projekt betreiben.

Gierige Erpressung oder raffinierte Falle der Bauherren?

"Normalerweise schreiben Erpresser in ihre Lösegeldforderung keinen Absender", meint Rechtsanwalt Wolf-Rüdiger Bub zur AZ. Diese E-Mail sei in ihrer Form als Erpressung zu werten, zudem seien die finanziellen Forderungen komplett unangemessen. Das sei strafbar.

Und auch zu Milchikers Wassergutachten hat Bub eine Meinung: "Wenn er damit recht hätte, dürfte am Bahnhof beispielsweise die Zweite Stammstrecke der S-Bahn nicht gebaut werden", meint der Anwalt.

...Hubert Haupt.
...Hubert Haupt. © T. Hase/dpa

Offenbar kam das unmoralische Angebot vom Bauherrn selbst

Keine Erpressung, sondern eine hinterlistige Falle - so sieht Milchikers Anwalt Benno Ziegler den Fall. Das Angebot auszustellen sei ein Fehler gewesen, gibt er auf AZ-Anfrage zu. Doch: Er sei nicht derjenige der sich dieses Angebot überlegt habe. Ganz im Gegenteil.

Der "Motel One"-Bauherr Haupt sei auf Leo Milchiker zugekommen. Haupt habe sich entschuldigt und gesagt, dass er den Streit gerne beilegen würde. Die Konditionen des Vertrags, die nun so kritisiert werden, seien von Haupt selbst vorgeschlagen worden.

Sein 91-jähriger Mandant habe gehofft, dass der Streit so behoben werden könne. AZ-Informationen bestätigen, dass sich Haupt im Vorfeld an einem Kompromiss interessiert gezeigt hatte. Und es liegen Informationen vor, welche zeigen, dass Haupt Milchiker kurz vor dem Senden des Vertrags zum Gespräch in die Lobby des Bayerischen Hofs eingeladen hatte.

Schillerstraße: Der Streit geht vorerst weiter

Hier soll er selbst 1,5 Millionen Euro als Kompensation geboten haben. Dass der Fall nun in die Öffentlichkeit komme und sein Mandant als "Erpresser" dargestellt werde, deute darauf hin, dass die Aktion von Anfang an eine Falle gewesen sei, sagt Ziegler.

Bub widerspricht: "Die 'Fallen-Theorie' von Herrn Ziegler assoziiert das Bild eines Erpressers, der bei der Lösegeldübergabe auf frischer Tat ertappt wird und sich beklagt, ihm sei eine Falle gestellt worden."

Was passiert nun? Beide Anwälte geben an, gegeneinander vorgehen zu wollen. Wer recht bekommt, bleibt abzuwarten. Der große Hotelstreit in der Schillerstraße - er wird München auch in Zukunft beschäftigen!

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