Schandfleck Glyptothek: Ein Idyll verkommt

München - Wenn Bernd Noelle (58) mit seinem Mischlingshund Nick von seiner Wohnung in der Paul-Heyse-Villa Richtung Königsplatz Gassi geht, dreht sich ihm mitunter der Magen um: Im Wäldchen nördlich der Glyptothek flattern Krähen um Butterbrot- und Pizzareste, die sich in weitem Radius um die Mülleimer türmen. Leere Wein- und Bierflaschen stauben in der Sonne vor sich hin. Aus der Wiese dampft Uringeruch. Und dann die Ratten.
"Es ist verstörend", sagt Noelle, "wie schnell dieser Ort und diese wunderbare Grünfläche verkommen. Und dass keiner was dagegen unternimmt."
Belastender noch als die Müllberge, die Vögel, die Nager, ist für den Anwohner das Bild der Obdachlosen, das diesen Sommer Alltag geworden ist. An der Nordseite der Glyptothek liegen Männer auf den Stufen. Rauchen. Reichen Bierflaschen herum. Streiten laut.
Sie liegen unter den Bäumen und in den Wiesen. Umringt von Wäsche, die zum Trocknen in der Sonne hängt. Überquellenden Supermarkttüten. Kartons mit ihrer Habe. Nachts liegen sie immer noch da, in Decken gewickelt oder in Schlafsäcke gerollt.
"Es sind ungefähr 15 Männer, immer die gleichen, eine osteuropäische Trinkerbande, denke ich. Ich habe nicht den Eindruck, dass sie tagsüber arbeiten", sagt Noelle. "Wenn man sie anspricht, pöbeln und schreien sie. Man spricht dagegen betrunkene Wände."
"Warum unternimmt denn hier keiner etwas?"
Vor Wochen schon, und wiederholt, haben Anwohner sich an die Stadt gewandt und zumindest um Mülleimer gebeten, die so verschließbar sind, dass weder Krähen noch Ratten herankommen. "Aber da kommt einfach keine Reaktion", sagt Bernd Noelle. Immerhin haben Beamte der Polizeiinspektion Maxvorstadt kürzlich einen Platzverweis an die Leute ausgesprochen. "Nutzt aber nichts", sagt der Anwohner, "sie kommen ja immer wieder".
Nun hat sich FDP-Stadtrat Michael Mattar eingeschaltet – mit einer offiziellen Anfrage an den OB. Ob die "unhaltbaren Zustände im Umfeld der Glyptothek" überhaupt bekannt sind in der Stadtverwaltung. Wer eigentlich hier zuständig sei. Und was die Stadt nun zu tun gedenke.
Klar ist nach AZ-Nachfragen immerhin: Für die Sauberkeit rund um die Glyptothek ist das städtische Gartenbauamt zuständig. Und für die Obdachlosen der städtische "Arbeitskreis Wildes Campieren", in dem Fachleute aus diversen städtischen Abteilungen sitzen.
Womöglich deshalb hat sich deshalb bislang keiner persönlich zuständig gefühlt. "Uns ist dieser Fall nicht bekannt. Wir wissen nicht, wer diese Leute sind", heißt es im Sozialreferat – das eigentlich seine Sozialarbeiter schicken und klären müsste, ob diese Obdachlosen in einer städtischen Einrichtung untergebracht oder in ihr Herkunftsland zurück geschickt werden müssten.
Zeit für beherztes Handeln wär's. Noch ist Herbst. Aber irgendwann kommt er, der Winter.
Die Glyptothek am Königsplatz: Tagsüber sitzen hier oft junge Leute auf den Stufen. Nun aber haben sich Obdachlose zwischen Luisen- und Arcisstraße niedergelassen, schlafen, bieseln, pöbeln und betrinken sich.