Riesen-Baustelle in München – Käufer stark verärgert, Bauträger spurlos verschwunden: "Wo sind Sie, Herr Mayr?"

München - Ein italienischer Luxus-Sportwagen von Ferrari, der Enzo im Wert von rund 700.000 Euro, der nur an auserwählte Kunden verkauft wird. Ein Ferrari La Ferrari im Wert von rund drei Millionen Euro. Oder ein Ferrari Monza SP2 im Wert von über drei Millionen – von einem Spezialisten so hergerichtet, dass es auch dem offiziellen Ferrari-Magazin im Jahr 2021 einen Artikel wert war. (Das Auto: "Ein Weihnachtsgeschenk an mich selbst").
Riesenbaustelle Paseo Carré in Pasing: Käufer sind verzweifelt, Bauherr abgetaucht
Wer versucht, etwas über den Münchner Immobilienunternehmer Stefan Mayr von M-Concept zu erfahren, wird auf Immobilienportalen eher weniger fündig. Dafür aber auf Seiten, die Fans von Luxussportwagen italienischer Machart betreiben.
Oder auch in der großen Dokumentensammlung der "Paradise Papers", einer 2016 von der "SZ" veröffentlichten großen Recherche über Steueroasen und Briefkastenfirmen auf Malta und anderswo. Das alles ist nicht illegal oder per se problematisch. Aber es zeichnet ein fast schon klischeehaftes Bild eines Münchner Immobilienunternehmers, der gern in Saus und Braus lebt.

Paseo Carré in München: Wohnungen sollten seit Dezember 2022 fertig sein
Diese Welt könnte den Käufern einer der 200 Wohnungen, die bereits seit eineinhalb Jahren fertig sein sollten, nicht fremder sein. Arm sind auch sie nicht, das ist klar. Sie haben sich im "Paseo Carré" eine Wohnung gekauft, diesem größten M-Concept-Projekt bisher, wo im Herzen von Pasing ein Bürogebäude und mehrere Wohngebäude entstehen sollen – mit Wohnraum für 500 Menschen.
M-Concept war bisher vor allem in Erscheinung getreten durch Luxus-Sanierungen und den Bau von Villen mit edlen Tiefgaragen (für Menschen mit Luxus-Sportwagen). Spätestens seit dem Entmietungsskandal in der Agnesstraße 48 und dem "Sendlinger Loch" steht M-Concept auch negativ in den Schlagzeilen.
Die Käufer vom Paseo Carré haben ihr Erspartes investiert, entweder um selber dort zu wohnen, oder auch für die Altersvorsorge. Sie haben dafür Kredite aufgenommen, Zahlungspläne vereinbart – und alle auch bereits mehrere Raten abbezahlt. "Viele haben ihren Wohnungskauf teilweise oder ganz finanziert", sagt einer der Käufer bei einem Treffen mit der AZ. "Und die Banken werden langsam unangenehm."

"Da kam nichts zurück": Paseo-Käufer verärgert über Bauträger M-Concept
Seit mittlerweile eineinhalb Jahren werden sie von M-Concept vertröstet – oder nicht einmal mehr das. "Wir haben ihm per Anwalt ein Mahnschreiben geschickt, da kam nichts zurück", sagt eine Käuferin. Ein anderer sagt, er habe vor drei Wochen bereits Klage wegen Schadenersatz eingereicht, "da ist bis heute noch keine Zustellung erfolgt. Das ist sehr mühsam."
Darum haben die Käufer mittlerweile auch Angst, den Forderungen der Bank nicht mehr nachkommen zu können und für ihr mühsam erspartes Geld nie eine Gegenleistung zu sehen. Bereits im Dezember 2022 hätten die ersten Wohnungen fertig sein sollen. Sie sind es noch immer nicht.
Die im Internet präsentierten millionenteuren italienischen Luxusautos gehören M-Concept-Chef Mayr zum Teil wohl nicht mehr. Den Ferrari Enzo für über drei Millionen hat er zum Beispiel 2016 gekauft und später verkauft – das geht jedenfalls aus den öffentlichen Informationen der Sportwagenfans hervor.

Bauverzögerung in München-Pasing: Müsste Bauherr M-Concept Schadenersatz zahlen?
Für das "Paseo Carré", diese riesige Baustelle im Herzen Pasings, ist er mit M-Concept nach wie vor verantwortlich, respektive mit der eigens für das Bauprojekt gegründeten 2 Offenbachstraße GmbH + Co. KG mit Sitz in Grünwald. Für jeden Monat, den sich der Bau verzögert, muss der Bauträger laut den Käufern theoretisch Schadenersatz zahlen – 10 Euro pro Quadratmeter. Doch M-Concept stellt sich laut den Käufern auf den Standpunkt, dass diese Zahlungen erst dann fällig seien, wenn das Projekt abgeschlossen ist.
Zwischen Käufern und Bauträger steht die Bank, in dem Fall die Bayerische Landesbank, über die alle Ratenzahlungen der Käufer laufen – und die auch im Fall einer zu langen Bauverzögerung einschreiten würde. Das steht aktuell offenbar nicht zur Debatte, wie Dokumente zeigen, die der AZ vorliegen. Eine Käuferpartei wollte im Dezember aussteigen und die bereits bezahlten vier Raten von der Bank zurücküberwiesen haben. Die sagte klipp und klar: geht nicht. Auf AZ-Anfrage beruft sich die Bank auf das Bankgeheimnis, darum könne man sich "nicht zu Details aus Kunden- und Kreditengagements äußern".
"Geht um Schicksale": Wohnungskäufer in Pasing sind verzweifelt
Für viele Käufer wird es finanziell von Monat zu Monat teurer; sie müssen ihre Kredite abstottern, deren Konditionen schlechter werden mit der Zeit. Oft müssen sie auch weiterhin Miete bezahlen oder sich neue Wohnungen suchen, weil die neue nicht fertig ist. "Da entsteht Druck", sagt eine Käuferin. "Ich weiß von einer Familie, wo es um Schicksale geht."

Und was sagt die Stadt dazu? "Wollen die ewig eine Ruine hier haben?", fragt sich ein Paseo-Käufer. Einige haben auch bereits versucht, Antworten zu bekommen, haben den Oberbürgermeister angeschrieben oder den CSU-Fraktionschef. Von beiden kam keine Antwort.
Für Wohnbauthemen verantwortlich ist das städtische Planungsreferat. Zum Paseo Carré gibt es schlechte Nachrichten für die Käufer: "Die Bauaufsichtsbehörde hat keine rechtliche Handhabe, bei stockenden Bauarbeiten einzugreifen und dem Bauherrn eine Baufirma vorzuschreiben", sagt ein Sprecher. Bauarbeiten können gemäß der Bayerischen Bauordnung bis zu vier Jahre unterbrochen werden: "Erst danach muss die Wiederaufnahme der Bauarbeiten vom Bauherrn erneut angezeigt werden."
"Keiner weiß, ob fertig gebaut wird": Wohnungskäufer warten auf Informationen von M-Concept
Die Paseo-Käufer, die an diesem Abend im April vor der Baustelle stehen und rege diskutieren, würden sich vor allem eines wünschen: Dass sie von M-Concept und dessen Chef Stefan Mayr über die Lage der Dinge informiert werden. Dass ihre Anrufe und ihre Briefe beantwortet werden und sie konkrete Informationen dazu bekommen, wie es mit der Baustelle weitergeht.
Und was mit ihrem Geld passiert. "Das Problem ist, dass der Mayr mit uns nicht in Kontakt ist", sagt ein Käufer. "Wir spekulieren alle, keiner weiß genau, ob fertig gebaut wird oder ob er eher auf Insolvenz aus ist." Eine konkrete Nachfrage der AZ, warum die Käufer keine Informationen erhalten, hat M-Concept nicht beantwortet.

Lösung in Sicht? Zwei Baufirmen wollen Projekt Paseo Carré fertig bauen
Dabei wäre eine Lösung längst in Sicht, glauben einige der engagierten Käufer zu wissen, die viel zu den aktuellen Vorgängen recherchiert haben. "Es gibt unseres Wissens mindestens zwei Interessenten aus der Baubranche, die das Projekt fertigstellen wollen", sagt eine Käuferin.
Dann könnte es tatsächlich schnell gehen, so wie es auch schon beim Büroteil des Projekts geschehen ist. Da hat die Firma HIH Invest im April 2023 die Projektleitung von M-Concept übernommen, hat die alte Baufirma wieder an Bord geholt, mit der M-Concept sich überworfen hatte, und hat die Büros Anfang 2024 fertiggestellt.
Bereits im Januar sagte die HIH Invest zur AZ, sie sei "seit einigen Monaten in Gesprächen, um das ins Stocken geratene Projekt wieder zu mobilisieren". Das ist auch jetzt noch der Fall, wie eine Sprecherin bestätigt. M-Concept möchte das nicht kommentieren.
M-Concept verteidigt sich: "Entwicklungszeit von fünf bis sieben Jahren ist normal"
Für die Käufer der Wohnungen wäre das wohl die vorteilhafteste Wendung in einer Geschichte, die ansonsten ins Endlose abzudriften scheint. Die Alternative, sich juristisch zur Wehr zu setzen, könnte zwar am Ende vielleicht von Erfolg gekrönt sein. Bis dahin ziehen aber Jahre ins Land, die obendrauf auch den Geldbeutel noch einmal mehr strapazieren.
Und M-Concept? Das Unternehmen teilt der AZ mit, man arbeite "derzeit intensiv an Lösungen". Eine Entwicklungszeit von fünf bis sieben Jahren sei bei einem solchen Projekt "durchaus normal". Das würde bedeuten, dass die Wohnungen 2026 fertig würden. Vier Jahre später als ursprünglich geplant.
Viele Paseo-Käufer haben sich mittlerweile zusammengetan: pasing.paseo@gmail.com.