"Rauchverbot? Gift für die Stadtviertel!"

Die Münchner Wirtin Karin Nessenius hat in der AZ mit dem Rauchverbot abgerechnet - und eine Debatte ausgelöst. Jetzt bekommt sie Rückendeckung von einem Mann, der Gastronomen bayernweit vertritt.
Isarvorstadt - Weit über 100.000 Menschen haben ihre Abrechnung gelesen, im Internet verbreitet, genickt, geseufzt oder den Kopf geschüttelt. Eine Wirtin aus der Isarvorstadt hat die Debatte ums Rauchverbot und seine Folgen neu belebt.
Zweieinhalb Jahre nach der Einführung des Nichtraucherschutzgesetzes zieht Karin Nessenius, Chefin der Traditionsgaststätte "Rumpler", eine vernichtende Bilanz. Seit es das Rauchverbot gibt, ist es spätabends dahin mit der Geselligkeit!, konstatiert die Wirtin. Das Gesetz bedrohe Kultur, Arbeitsplätze und Existenzen.
Jetzt bekommt die Gastronomin Rückendeckung von einem Wirt, der seinen Berufsstand bayernweit vertritt. Er heißt Franz Bergmüller und ist Vorsitzender des "Vereins zum Erhalt der bayerischen Wirtshauskultur" (VEBWK).
Bergmüller hat in der AZ gelesen, was Karin Nessenius laut gedacht hat. Er findet: "Endlich redet jemand wie diese Wirtin Klartext!"
Der Unternehmer hat das strikte Rauchverbot schon immer kritisiert. Er sagt: "Inzwischen wechselt jede dritte Kneipe in München innerhalb eines Jahres seinen Pächter." Tendenz steigend. Weil die Raucher wegbleiben.
Für viele der stadtweit etwa 700 Kneipen in München sieht Bergmüller schwarz. "Vor allem in den Stadtteilen, wo abends auch mal weniger los ist". Und die trotzdem liebenswert seien, gerade dank der vielen kleinen Kneipen.
"Neuhausen zum Beispiel", sagt Franz Bermüller, sei ein solches Stadtviertel. Weniger angesagt als das Glockenbach- oder das Dreimühlenviertel. "Aber trotzdem haben sich die Münchner dort gern spätabends noch getroffen. Auf zwei, drei Bierchen." Als sie noch rauchen durften.
Dieser Umsatz falle für die Wirte weg. Denn fast überall hat sich's ausgeraucht. Nur heimlich stellen manche Wirte nach 23 Uhr noch Aschenbecher auf.
Einen "Rauchersozialraum" in jeder Gaststätte hätte Bergmüller besser gefunden, sagt er. "Und die kleinen Kneipen bis zu 75 Quadratmeter sollten selbst entscheiden, ob bei ihnen geraucht wird oder nicht."
Der Wirt kritisiert eine "Zentralisierung der Kneipen in die Ausgehzentren". Und ganz allgemein "das große Kneipensterben".
Auch, weil das Geschäft mit den kleinen Boazn auch für die meisten großen Brauereien eben nicht mehr interessant ist, so Bergmüller. Bei Augustiner gewiss sei das noch anders: "Eine der wenigen großen Brauereien, die in den Stadtteilkneipen noch massiv Geld investiert", lautet sein Fazit. Ansonsten zähle für die großen Bierlieferanten "vor allem der Export und der Handel".
Gut, dass es da noch viele kleine Brauereien gebe, sagt Bergmüller. "Sie bleiben auf den Umsatz in der Gastro-Szene angewiesen."
Die vielen Münchner Kneipen, die vom Aussterben bedroht sind, rettet das seiner Ansicht nach "leider nicht". Das Rauchverbot sei Gift für die Stadtteilkultur.