Rangelei zerstört Zuckerbäckerei

Fast ein Vierteljahrhundert verwöhnte Yves Laporte (71) die Münchner mit köstlichen Pralinen und anderen süßen Sünden. Jetzt ist schlagartig Schluss. Das Geschäft wurde zerstört.
Nina Job |
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Müde und traurig stehen Yves und Brigitte Laporte vor ihrem zerstörten Geschäft.
Nina Job Müde und traurig stehen Yves und Brigitte Laporte vor ihrem zerstörten Geschäft.

Fast ein Vierteljahrhundert verwöhnte Yves Laporte (71) die Münchner mit köstlichen Pralinen und anderen süßen Sünden. Jetzt ist schlagartig Schluss. Das Geschäft wurde zerstört.

Altstad
t - Es riecht nach Wischwasser und Reinigungsmitteln, nicht mehr nach süßen Delikatessen. Mehr als 22 Jahre duftete es in der kleinen Confiserie in der Heiliggeiststraße am Viktualienmarkt nach Pralinen frisch vom Blech, dampfenden Crêpes und feinen Zimttrüffeln. Jetzt stecken Madame Laportes Hände, die die Leckereien liebevoll in kleine Schächtelchen packten, bis zu den Ellenbogen in gelben Gummihandschuhen. Sie fegt die Scherben zusammen. Ihr Mann Yves, der unten im Keller all die erlesenen Köstlichkeiten schuf, schrubbt die Treppe.

Brigitte (70) und Yves Laporte (71) haben die Münchner fast ein Vierteljahrhundert mit ihren französischen Köstlichkeiten verwöhnt, zuerst am Sebastiansplatz, dann am Viktualienmarkt, gleich hinter der Heilig-Geist-Kirche. Ein 1,80 Meter hoher Eiffelturm aus schneeweißem Zucker schmückte das Schaufenster und lockte die Kunden hinein. Manchmal standen auch Sacre Coeur, die Frauenkirche München oder das Alte Rathaus im Fenster – allesamt von Hand erschaffen vom Zuckerbäcker Yves.

C’est fini. Vorbei. Das Schaufenster ist mit Brettern vernagelt, die Theke abgerissen, das Inventar weggeschafft.

Ende Oktober wollten Yves und Brigitte Laporte sowieso aufhören und in den Ruhestand gehen. „Zeit ist’s“, findet Monsieur. „Ich stand schon mit 15 Jahren in der Küche und habe Pralinen gemacht“, erzählt er und steckt sich eine Zigarette an. „Rauchen war hier natürlich streng verboten!“ Schade nur, dass es so traurig endet.

Es war am 16. Oktober. Brigitte Laporte spülte gerade Geschirr, da schubsten sich zwei betrunkene Männer (beide 47) gegenseitig vor dem Geschäft. Sie kamen aus einer Kneipe. Plötzlich gab es einen explosionsartigen Knall. Die Männer waren gegen die Schaufensterscheibe gestoßen. Sie selbst kamen mit ein paar Schrammen davon. Aber für das Ehepaar Laporte war damit schlagartig alles vorbei.

Millionen Scherben prasselten auf die Pralinen, Sacre Coeur und all die süßen Delikatessen. Die fast ein Zentimeter dicke Schaufensterscheibe krachte in sich zusammen, Vitrinen wurden zertrümmert, die Auslage zerstört. Verletzt wurde niemand. Doch in diesen Sekunden ging das Münchner Lebenswerk der Franzosen schlagartig zugrunde.

Die Pralinen mussten sie wegwerfen. Auf einem großen Teil ihres Schadens werden sie vermutlich sitzenbleiben. Die eigene Versicherung übernahm nur das kaputte Schaufenster für knapp 1000 Euro. Ob für die zerschlagenen Vitrinen, die zerstörte Ware, den Umsatzausfall, die Kosten für den Gutachter und den Lohn für die Verkäuferin, die natürlich weiterbezahlt wurde, jemand aufkommt, steht in den Sternen. Da der Schaden ohne Vorsatz verursacht wurde, bleibt dem Zuckerbäcker und seiner Frau nur eine Zivilklage gegen die beiden Männer. Viel zu holen ist bei ihnen wohl kaum. Beide sind arbeitslos, einer lebt im Männerwohnheim.

Doch Brigitte und Yves Laporte wollen nicht klagen. „Wir blicken immer nach vorn“, sagt sie und beide lächeln. Jetzt freuen sie sich auf ihren Ruhestand. Auch zuhause wird schon fleißig gepackt. Bald ziehen die beiden wieder in ihre Heimat. Ins Elsass.

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