Pilotystraße: Stadt will jetzt doch billige Mieten

Die Stadt will das Anwesen Pilotystraße luxussanieren – die Mieten sollen aber auf Sozialwohnungsstandard im erschwinglichen Rahmen bleiben.
Lehel - Wer solche Probleme hat, der braucht kein Aufputschmittel mehr. „Sie glauben gar nicht, wie uns das fuchst“, knurrt der SPD-Fraktionschef Alexander Reissl, wenn man nur das Wort „Pilotystraße“ andeutet. „Selbst Kollegen mit niedrigem Blutdruck brauchen keine Tabletten mehr, das regelt das von allein“, erzählt seine Stellvertreterin Beatrix Zurek.
Heute kommt das Reizthema um das seit Jahren fast leerstehende städtische Haus in der Pilotystraße wieder in den Stadtrat. Das Sozialreferat muss sich dann für den Zustand des heruntergewirtschafteten Hauses verantworten, das die Stadt 1946 geerbt hat und das dem Wohlfahrtsfond zugeschlagen wurde.
2,9 Millionen Euro soll die vom Sozialreferat geplante Luxussanierung kosten. Damit müssten hohe Mieten weit über dem Mietspiegelniveau verlangt werden.
Das Sozialreferat versucht morgen den Befreiungsschlag. Der Plan: Das Wohnungsamt gibt der Stiftung ein zins- und leistungsfreies Darlehen. Das drückt die Ausgaben der Stiftung, die auf diesem Weg preiswerte Mieten kalkulieren kann. So sollen in den acht Wohnungen des Vorderhauses Sozialwohnungsberechtigte einziehen können:
+ Zwei Wohnungen werden für 6,50 Euro je Quadratmeter an Haushalte vergeben, die die Einkommensstufe I des bayerischen Wohnungsbauförderungsgesetzes nicht überschreiten (12.000 Euro Netto-Jahreseinkommen für Singles, 18.000 für Paare – plus 4100 Euro für jede weitere Person).
+ Zwei Wohnungen zu 8,50 Euro je Quadratmeter an Haushalte der Stufe II (Nettojahreseinkommen von 15.600 Euro bei Singles, 23.400 bei Zweipersonenhaushalten – plus 5300 Euro für jede weitere Person.)
+ Zwei Wohnungen sollen für zehn Euro weggehen – für Haushalte der Stufe III (19.000 Euro bei Singles, 29.000 Euro bei Zweipersonenhaushalten – plus 6500 Euro für jede weitere Person).
In zwei Wohnungen ziehen alte Mieter wieder ein. Sie sollen „zu den bisherigen Konditionen“ mit einem „geringen Aufschlag“ wieder einziehen können.
Damit würden die Mieten nach der teuren Sanierung „deutlich“ unter dem Mietspiegel liegen, teilt das Sozialreferat mit. Der liege hier bei 13,15 Euro je Quadratmeter.
Die geplante Sanierung würde rund 2900 Euro je Quadratmeter kosten (mit Lift und neuen Balkonen). „Zu teuer“, meint die CSU-Faktion. Das gehe deutlich billiger. „Wenn dieses vom Sozialreferat vorgeschlagene Modell vom Stadtrat beschlossen wird, müssen natürlich auch alle privaten Eigentümer die Möglichkeit haben, ein entsprechendes zins- und leistungsfreies Darlehen zu erhalten“, meint der Fraktions-Vize Hans Podiuk. Eine Sanierung zum Normalstandard, so wie von der CSU vorgeschlagen, lehnt das Sozialreferat bislang ab. „Geht's noch?“, fragt Podiuk.
Die Mitteilung der Rathaus-CSU im Wortlaut:
"Kopfstand und Überschlag bei Rot-Grün: Pilotystraße 8 wird trotz teurer Sanierung für untere und mittlere Einkommensgruppen zugänglich gemacht Worum geht es? Jahrelang stand die städtische Immobilie Pilotysraße 8 bis auf eine einzige Wohnung leer. Kürzlich beschloss der Stadtrat auf Vorschlag der Sozialreferentin und gegen die Stimmen der CSU, das Haus aufwändig für fast 3 Mio. Euro zu sanieren und für stolze Preise über dem Mietspiegel auf dem Markt zu vermieten. Das führte vor der Wahl zu großem Streit innerhalb der SPD. Deshalb musste die Verwaltung für die morgige Vollversammlung ein optisch besseres Finanzierungsmodell vorschlagen, nach dem die Wohnungen erheblich unter dem Mietspiegel-Niveau auch für untere und mittlere Einkommensgruppen zugänglich gemacht werden. Zitat: „Wenn dieses vom Sozialreferat vorgeschlagene Modell vom Stadtrat beschlossen wird, müssen natürlich auch alle privaten Eigentümer die Möglichkeit haben, ein entsprechendes zins- und leistungsfreies Darlehen zu erhalten“, führt der Rats-Vize, Stadtrat Hans Podiuk aus. „Auch mit diesem Schachzug kann Rot-Grün nicht von seinem wohnungspolitischen Versagen, das für jeden offensichtlich ist, ablenken. Es ist für mich ein doppelter Salto: Zuerst führt die Stadt eine Luxussanierung für knapp 3 Mio. Euro durch und dann muss sie die dadurch entstehenden Kosten mit einem zinsfreien Darlehen subventionieren, damit die Mietpreise nicht zu hoch steigen. Eine Sanierung zum Normalstandard, so wie von der CSU vorgeschlagen, lehnt sie ab. Geht’s noch?“