Perlschneiderhof vor dem Verfall: "Stadt soll endlich handeln"

Pasing - "Er ist eine Perle, die man neu polieren muss, und das mitten im Herzen von Pasing", sagt Sonja Haider, Stadträtin der ÖDP und selbst in Pasing aufgewachsen. Hier biete sich eine "großartige Möglichkeit. Wir müssen da in die Gänge kommen".
Verwunschener Perlschneiderhof könnte ein Idyll sein
Tatsächlich könnte der Perlschneiderhof, der verwunschen auf einer Insel in der Würm liegt, direkt anschließend an den Pasinger Stadtpark und nur wenige Minuten vom Pasinger Bahnhof und Marienplatz entfernt, ein Idyll sein. Doch das historische Gemäuer verfällt immer mehr, die Zeit drängt.
Die ÖDP setzt sich seit Jahren immer wieder für den Erhalt des denkmalgeschützten Anwesens ein (AZ berichtete) – und für einen Kauf durch die Stadt, um eine neue Nutzung zu ermöglichen. Dafür hätte die Fraktion viele Ideen.
Tatsächlich versucht die Stadt, seit 2016 eine Hälfte des Anwesens mit 1770 Quadratmetern Grundfläche und 500 Quadratmetern Gebäudefläche zu kaufen. Die andere Hälfte gehört ihr bereits.
Der Hof, dessen jetziges Gebäude von 1880 stammt, gilt als eines der letzten Zeugnisse des ehemaligen Bauerndorfs Pasing und wurde erstmals im 16. Jahrhundert erwähnt. Bis 1913 landwirtschaftlich genutzt, war er bis 1967 in Familienbesitz zweier Schwestern, Anna und Maria Senft. Maria verkaufte ihre Hälfte an die Stadt, Anna vererbte ihren Anteil weiter. Mit der nun folgenden Besitzerin, Philomena Irlbeck, wurde sich die Stadt nie über einen Kauf einig, so Sonja Haider. Ihr Sohn und Erbe, heute Ende 70, ist auf Betreuung angewiesen, wird von einem Vormund vertreten und würde seit Jahren sehr gerne verkaufen. Weil aber dem zuständigen Gericht hier der von der Stadt angebotene Preis zu niedrig war, wurde der Gutachterausschuss für Grundstückswerte im Bereich der Landeshauptstadt eingesetzt, um bei der Bewertung von Gebäude und Grundstück zu vermitteln und den Verkehrswert zu ermitteln.
ÖDP setzt sich für Erhalt des Perlschneiderhof ein
Würde ein Kauf endlich gelingen, böte das Anwesen, dessen Name übrigens nicht auf Schmuck zurückgeht, sondern auf den Beruf früherer Besitzer als Schweinekastratoren, viele Möglichkeiten.

ÖDP-Stadtrat Tobias Ruff, der Gewässerökologe ist, betont die wichtige Funktion der Würminsel, die auch als Biotop kartiert ist. Er würde hier eine ursprüngliche Ufervegetation mit heimischen Arten wiederherstellen und alte Obstbaum-arten ansiedeln. Die Würm sei eine wichtige Wanderachse für viele Tierarten, wie Fische, Insekten und Fledermäuse, zwischen Isar, Amper und Starnberger See. Flächen wie diese mit viel altem Baumbestand seien wichtige Refugien. Es böte sich daher an, hier einen Ort für Umweltbildung und Vermittlung von stadtnaher Natur zu schaffen.
Auch Hans-Joachim Kilian, gebürtiger Pasinger und für die ÖDP im örtlichen Bezirksausschuss, möchte das Gemäuer retten und nutzen. Die Gegend sei gut frequentiert, auch von der Pasinger Jugend, so Kilian, der Stadtteil habe den größten Bevölkerungszuwachs im Münchner Westen. "Darum wäre es wichtig, das Gelände der Öffentlichkeit zur Verfügung zu stellen". Vieles sei denkbar, etwa eine kulturelle Nutzung mit einer Bühne für Theater und Musik, Lesungen und Vorträge, als Atelierräume oder Galerie. Auch gebe es in Pasing kein Kino, so Kilian.
Sonja Haider fügt hinzu, mit Volkshochschule, Ebenböckhaus, Jazz-Schule oder Pasinger Fabrik seien viele mögliche Kooperationspartner in der Nähe. Und bestimmt würden sich auch die Bürger gerne einbringen. "Das Ganze ist aber nur eine Vision. Wir wollen aufzeigen, was möglich ist", betont Haider.
Die Ergebnisse des Gutachterausschusses liegen dem Kommunalreferat mittlerweile vor, erklärt Haider, sind aber nicht öffentlich und so auch den Stadträten nicht bekannt. Jetzt gehe es ans Verhandeln. "Wir appellieren an die Stadt, das Haus endlich zu kaufen, zu einem Preis, den das Gericht akzeptieren kann. So eine Gelegenheit gibt's nicht noch einmal in München."