Perle statt Party: Was aus dem "Loft"-Club hinterm Ostbahnhof wird

Haidhausen - Woher kommt denn diese Villa? Das imposante Haus hinter dem Ostbahnhof ist zwar in dezentem Grün gehalten, dürfte aber jedem, der die Friedenstraße entlang läuft, gleich auffallen. Seit über 100 Jahren steht das Gebäude schon hier, in den letzten Jahrzehnten hat es optisch aber eher ein Schattendasein gefristet.
Einst befand sich auf dem Gelände die Steinersche Waggonfabrik. Wann genau die denkmalgeschützte Villa hier errichtet wurde, ist nicht ganz klar. Sie wurde wohl 1871 als Lagerhalle gebaut und in den 20er Jahren für die Rhenania-Spedition zur Villa umgestaltet, die damals auf das Gelände zog. Nach ihr ist das Haus bis heute benannt. Der große Schriftzug "Rhenania", der bis zur Renovierung über dem Eingang prangte, wurde inzwischen aber entfernt.
Das Gebäude war 40 Jahre lang als das "Loft" bekannt
Wirklich bekannt dürfte das Haus den meisten Münchnern aber sowieso als "Loft" gewesen sein. In den 80er Jahren eigentlich nur als Zwischennutzung geplant, fanden hier fast 40 Jahre lang wilde Partys und Events statt. "Die Rhenania-Villa ist ein Stück Werksviertel-Geschichte", erklärt auch Stephan Kahl, Geschäftsführer der R&S Immobilienmanagement GmbH, der für die Renovierung des Hauses zuständig war.

Bei der Sanierung gab man sich daher auch besondere Mühe, die Villa wieder in ihren Urzustand zurückzuversetzen. Die Fassade wurde denkmalgerecht wiederhergestellt, wohl der Grund, weshalb der bekannte "Rhenania"-Schriftzug entfernt wurde. Auch im Inneren hat man Wert darauf gelegt, die alte Bausubstanz zu erhalten: "Vom kunstvollen Eingangsbereich über die neoklassizistischen Säulen bis hin zur ursprünglichen Farbgestaltung erstrahlt die Villa heute wieder in neuem Glanz", sagt Stephan Kahl.
Das Haus, welches nun offiziell "i1-Rhenania-Villa" heißen soll, ist Teil des "iCampus" von Rohde und Schwarz. In den Neubauten rund um die Villa sollen Firmen einziehen. In dem historischen Gebäude selbst sind ebenfalls Büros und Konferenzräume entstanden, es ist aber auch eine kulturelle Nutzung geplant.
"Wir wollen die Räume auch für Musiker und Künstler nutzen"
"Die Villa ist etwas Einzigartiges. Wir wollen ihren außergewöhnlichen Charme erhalten und dabei die Räumlichkeiten auch als Plattform für Musiker und Künstler nutzen", versichert Fritz Esterer, Vorstandsvorsitzender der WTS Group, die die Villa gemietet hat. Öffentlich zugänglich ist die Villa aber nicht.
Im Bezirksausschuss (BA) hätte man sich derweil wohl einen stärkeren Fokus auf die kulturelle Nutzung gewünscht, doch die teure Renovierung hätte sich für die Bauherren dann nicht gelohnt. "Die Neubauten tragen wir mit, die Villa hätten wir gerne weiter öffentlich genutzt", sagte der damalige BA-Chef Robert Kulzer (SPD) zur AZ, als die Renovierung begann. Und somit ist die Villa hinter dem Ostbahnhof heute sicher kein Ort mehr für wilde Parties, sondern wieder recht nah an ihrem Ursprungszweck: einem repräsentativen Firmensitz.
Manch einer wird diese Entwicklung sicherlich bedauern, doch wer die schöne Fassade der Villa sieht, kann kaum umhin, wehmütig die Straße entlang zu schauen, wo die Gebäude der Optimolwerke schon vor Jahren dem ziemlich künstlichen "Werksviertel Mitte" weichen mussten. Da dürfte die Rhenania-Villa ein besseres Schicksal ereilt haben.