Neuhauser Bürgerversammlung gegen Paketposthallen-Türme

Hochhäuser sind Luxusbauten – diese Meinung vertritt die Bürgerschaft und lehnt die Türme ab.
von  Christina Hertel
Ein Symbol für Fortschritt ‒ oder doch bloß ein Zeichen für elitären Luxus? Eine Mehrheit auf der Bürgerversammlung ist jedenfalls gegen die Türme am Paketpostareal.
Ein Symbol für Fortschritt ‒ oder doch bloß ein Zeichen für elitären Luxus? Eine Mehrheit auf der Bürgerversammlung ist jedenfalls gegen die Türme am Paketpostareal. © Herzog &De Meuron

Neuhausen - Mehr als 150 Meter sollen die Hochhäuser, die der Investor Ralf Büschl an der Paketposthalle plant, in den Himmel ragen. Doch das Vorhaben ist umstritten – nun kommt weiterer Widerstand von Anwohnern aus Neuhausen.

Stadtplaner Dierk Brandt gegen Hochhäuser in München

"München ist keine Hochhaus-Stadt", sagt Dierk Brandt. Er ist Stadtplaner, lebt in Neuhausen und ist im Verein "Münchner Forum" aktiv.

Jetzt stellte er auf der Bürgerversammlung in dem Stadtviertel den Antrag, dass die Stadt die zwei Hochhäuser und den gesamten Masterplan für das Areal ablehnen soll. Zumindest bei einer Mehrheit der Anwesenden stieß Brandt damit auf Zuspruch.

Hochhaus-Gegner und Stadtplaner Dierk Brand
Hochhaus-Gegner und Stadtplaner Dierk Brand © Daniel von Loeper

Seine Begründung für die Ablehnung der Hochhäuser: "Dass Hochhäuser für Fortschritt stehen, ist ein Mythos", sagt er. Hochhäuser seien elitär – gebaut für eine wohlhabende, neoliberale Schicht, die sich das Büro oder die Penthouse-Wohnung dort auch leisten können muss. Denn schließlich sei der Bau dieser Gebäude auch extrem teuer – und damit auch die Mieten.

Plan für Paketpostareal: Bebauung eher wie in Asien als wie in Europa?

Gleichzeitig sei der CO2-Fußabdruck von Hochhäusern schlecht: Wegen der Aufzugs-Batterien, wegen Fluchttreppenhäusern, Lüftungen und anderer Haustechnik, die viel Platz und Material verschlingt.

"Je höher das Gebäude, desto ineffizienter wird die Geschossfläche", sagt Brandt. Denn, wenn man die notwendige Infrastruktur im Innern eines Hochhauses bilanziert, dann bleibe nur verblüffend wenig nutzbare Fläche zum Arbeiten, Wohnen oder für Gastronomie.

Brandt stört aber auch der Plan für das Paketpostareal insgesamt. Denn um die Hochhäuser herum sollen Büros, Wohnungen, Shops, Hotel, Restaurants und Cafés gebaut werden. Ein "modernes urbanes Areal" heißt es auf der Webseite zu der Bebauung.

Grundsätzlich findet der Stadtplaner dichte Bebauung, wie es sie in lebendigen Vierteln gibt, gut, wie etwa in der Maxvorstadt. Allerdings sei auf dem Paketpostareal die Bebauung so dicht wie in keinem anderen Viertel in München. "Das ist eine ganz andere Kategorie", sagt Brandt - eine Bebauung eher wie in Asien als wie in Europa. Die Wohnqualität sei unzureichend.

Wird es in München zum Bürgerentscheid kommen?

Der einzige Weg, das Projekt doch noch zu stoppen, sieht er in einer Abstimmung durch die Bürger. Tatsächlich wird es immer wahrscheinlicher, dass die Münchner noch in diesem Jahr zu den Wahlurnen gehen.

Zum einen treibt der CSU-Landtagsabgeordnete Robert Brannekämper einen Bürgerentscheid voran. Zum anderen sprechen sich auch immer mehr Stadträte für ein sogenanntes Ratsbegehren aus. Für den Wähler macht es wenig Unterschied, welches Verfahren am Ende durchgeführt wird. Bei einem Bürgerentscheid müssen die Initiatoren im Vorfeld allerdings Tausende Unterschriften sammeln. Ein Ratsbegehren wird durch einen Stadtratsbeschluss gestartet.

Anna Hanusch: "Dass das Projekt umstritten ist, wissen wir alle"

Die Grünen-Stadtrats-Fraktionschefin Chefin Anna Hanusch, die gleichzeitig den Bezirksausschuss Neuhausen-Nymphenburg leitet, wundert es nicht, dass die Bürger auf der Versammlung die Hochhäuser ablehnten. "Dass das Projekt umstritten ist, wissen wir alle." Allerdings sei für sie schwer abzuschätzen, wie die Meinung in der Bevölkerung wirklich aussieht, wenn alle Hintergründe bekannt sind.

Bezirksauschuss-Chefin in Neuhausen: Anna Hanusch
Bezirksauschuss-Chefin in Neuhausen: Anna Hanusch © Grüne

Die Stadt hatte schließlich ein sogenanntes Bürgergutachten organisiert. Dabei mussten sich mehr als 100 zufällig ausgewählte Bürger detailliert mit den Plänen beschäftigen. Am Ende sprachen sie sich grundsätzlich für die Planung aus - auch, wenn sie an einigen Stellen Verbesserungsbedarf sahen.

Zum Beispiel wünschen sich die Bürger mehr Grün- und Freiflächen, als es das bisherige Konzept vorsieht. Auch für die Paketposthalle selbst soll möglichst bald ein Betriebskonzept erstellt werden. Stadtplaner Brandt wünscht sich, dass sich hier die Stadt mehr einklinkt. Nur so könne eine gemeinwohlorientierte Nutzung gewährleistet werden.

merken
Nicht mehr merken
X

Sie haben den Inhalt der Merkliste hinzugefügt.