Neues Hochhaus in München? Ärger an der Siemens-Legostadt
Neuperlach - Grundsätzlich halten es viele Münchner für eine gute Idee: Große Parkplätze in der Stadt in Wohnquartiere verwandeln. Auf dem Nordparkplatz des Siemens-Areals in Neuperlach-Süd sollen so 750 Wohnungen entstehen – plus ein Ärztehaus, drei Kindertagesstätten und Gastronomie.
Über 700 Unterschriften hat die örtliche Bürgerinitiative inzwischen jedoch gegen diesen Plan am Otto-Hahn-Ring gesammelt. Sie kämpft dafür, dass die Wohnungszahl reduziert wird. Auf ein 45 Meter hohes Hochhaus (rund zwölf Stockwerke) soll verzichtet werden: "Die Siemens Legostadt, das die Stadtsilhouette beherrschende Wahrzeichen von Neuperlach-Süd, ist ein Hochpunkt, der weithin sichtbar ist und an dieser Stelle keine Konkurrenz verträgt", steht im Protestschreiben der Anlieger.
Stadt und Investoren suchen Dialog
Die Stadt und die Investoren suchen jetzt den Dialog: Um die Wünsche der Bürger für das "Wohnquartier Neuperlach" zu erfahren – und an den Stadtrat zu leiten – hatten die beiden Parkplatz-Eigentümer (RFR Development und HIH Real Estate) mit dem Planungsreferat am Dienstag 9.200 Haushalte zu einem vierstündigen "Info-Markt" im Leonardo Hotel eingeladen.
Rund 120 Besucher sind in die Carl-Wery-Straße gekommen, hauptsächlich Nachbarn aus den Häusern der Nachkriegssiedlung zwischen Putzbrunner Straße im Norden und Dr.-Walther-von-Miller-Straße im Süden. Sie schreiben auf grüne Karten positive Anregungen, wie "Großbäume erhalten". Auf rote Karten kommt Kritik, wie zum geplanten Hochpunkt: "Acht Stockwerke wären mehr als genug." Das vom Planungsreferat geschätzte zusätzliche Verkehrsaufkommen erschreckt auch einige: bis zu 3.500 Autos mehr pro Tag.
CSU-Stadträtin gegen neues "Wohnquartier Neuperlach"
CSU-Stadträtin Anja Burkhardt wohnt in Waldperlach. Am Mitarbeiter-Parkplatz von Siemens radelt sie auf dem Weg in ihr Fitnesscenter oft vorbei. Trotz der Wohnungsnot hat sie im Stadtrat gegen die Planung für das neue "Wohnquartier Neuperlach" gestimmt.
Die Angst der Anlieger in den Einfamilienhäusern nimmt sie ernst: "Bitte erst die Infrastruktur, dann die Menschen. Wichtig ist, dass das neue Parkhaus für die Siemens-Mitarbeiter vor den Wohnungen fertiggestellt wird." Die Architektin sorgt sich beim Thema Nachverdichtung um das Stadtklima und Frischluftschneisen. Ihr Alternativ-Vorschlag gegen die Wohnungsnot: Man müsse Hausbesitzern den Dachgeschossausbau erleichtern: "Wir haben viel Wohnfläche, die in Einfamilienhäusern und Reihenhäusern brach liegt." Auch das Konzept "Wohnen für Hilfe" sollte stärker entwickelt werden: "Eine Win-win-Situation, in der alte Leute ihre großen Wohnungen teilen mit jungen Mietern, wie Azubis oder Studenten."
Der Bezirksausschuss (BA) Ramersdorf-Perlach beklagt den "unerwarteten Aktivismus" bei diesem Wohnquartier-Projekt und die "verfehlte Beurteilung der Infrastruktur". BA-Chef Thomas Kauer (CSU) meint: "Diese Veranstaltung erscheint mir zu interessensgerichtet. Eine Einwohnerversammlung hat eine andere Qualität."
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