Neues Clearinghaus: Viel mehr als nur Bett und Schrank
Sendling - Plötzlich überschlagen sich die Umstände. Herr W. verliert seine Arbeitsstelle und kann seine Miete nicht mehr bezahlen, er hat bereits Schulden. In der Krisensituation verliert er den Überblick, verpasst eine Frist beim Arbeitsamt. Dann wirft ihn der Vermieter raus. Mit der Räumungsklage könnte Herr W. vielleicht ein paar Wochen bei der Schwester auf dem Sofa schlafen. Aber was dann? Droht jetzt die Obdachlosigkeit?
Herr W. ist hier ein fiktiver Fall, der jedoch exemplarisch dafür steht, was immer wieder Menschen in München passiert. Damit sie dann nicht auf der Straße sitzen, gibt es sogenannte Clearinghäuser. In der Plinganserstraße hat gestern die siebte Münchner Einrichtung dieser Art Eröffnung gefeiert, es ist zudem die zweite Dependance unter der Trägerschaft des Katholischen Männerfürsorgevereins (KMFV).
Insgesamt 31 Wohnungen können akut Wohnungslose hier bis zu sechs Monate beziehen. Die Wohnungen, von denen elf bereits bewohnt sind, haben ein bis drei Zimmer, auch Familien mit Kindern können hier unterkommen. Möbliert sind sie, ein persönlicher Raum mit Küche und Bad, schön hell und barrierefrei. "Wir wollen die Menschen nicht irgendwie unterbringen, sondern wohnen lassen", betont KMFV-Vorstand Ludwig Mittermeier. Wenn die Notlage dann abgefangen ist, geht es in Clearinghäusern darum, die oftmals verfahrene Situation zu lösen. "Krisensituationen erschüttern ganze Familien, Problemlösungskonzepte greifen nicht mehr. Wir wollen diese soziale Krise abmildern, aber die Maßnahme kurz halten", sagt Mittermeier.
Gemeinsam mit den im Haus angestellten Sozialpädagogen klären die Bewohner, wie es zu ihrer verzwickten Situation gekommen ist und, was getan werden muss, um wieder in eine eigene Wohnung ziehen zu können.
Die Unterstützung bei der Wohnungssuche reicht vom Überblick bei den Unterlagen und dem Kontakt zum Wohnungsamt bis zur Begleitung zu Besichtigungsterminen. Außerdem helfen die Sozialarbeiter, wenn nötig, mit der Schuldnerberatung oder dem Jobcenter.
"In der Stadt ist es eng geworden, die Rückgewinnung von Wohnraum ist eine unserer wichtigsten Aufgaben", sagt Sozialreferentin Dorothee Schiwy (SPD), "eine soziale Schieflage kann Menschen in große Not bringen. Die Clearinghäuser der Stadt und der sozialen Träger helfen ihnen, wieder in ein normales Mietverhältnis zu kommen." Die Stadt München betreibt vier Clearinghäuser mit 210 Wohnungen für etwa 410 Menschen - die Auslastung liegt bei rund 90 Prozent.
Wer das Haus an der Plinganserstraße 29 genauer ansehen will, kann das am morgigen Samstag beim Tag der Offenen Tür von 11 bis 14.30 Uhr tun.
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