Neue Klos in den Viktualienmarkt-Katakomben

Es wird hell im Untergrund, damit sich die Standlfrauen nicht mehr fürchten müssen. 15 neue Toiletten gibt es auch – aber nicht für die Kunden.
Altstadt - Nicht wie in Wien, wo im Untergrund einst „der dritte Mann“ herumgeisterte, rumort es in den ausgedehnten Kellergewölben des Münchner Viktualienmarktes, von deren Existenz viele Kunden gar nicht wissen.
Mit nicht eben schwindelerregenden Bauarbeiten werden unter anderem 15 neue „stille Örtchen“ fertiggestellt, die den über 100 Händlern und Marktfrauen zur Verfügung stehen. Ein beinahe revolutionär anmutendes Novum des über 200 Jahre alten Markts: Denn bisher gab es gerade mal vier Toiletten, die aus dem Jahre 1972 stammen – und streng genommen eigentlich unter Denkmalschutz stehen.
Um in den nicht sichtbaren Unterbau des Marktes zu gelangen, gibt es zwei Wege – freilich nur für den Insider, der auch einen Schließanlage-Schlüssel namens „BKS A 1“ besitzen muss.
Zwischen der „Kleinsten Gaststätte“ und dem Pferdemetzger führt eine beängstigend steile Treppe hinunter in den weiß-blauen Hades. Einen zweiten Eingang, ebenfalls mit steiler Treppe und einem Lastenlift zu erreichen gibt es beim „Pfister-Brot“- Stand. In zwei engen Zwischengängen stehen die Häusl, schmale Einzelkabinen, aufgereiht da. Ein Pissoir gibt es übrigens nicht.
Die Maler werden den Vikt-Untergrund mit den neuen Kühlanlagen und Lagerräumen (sechs Quadratmeter für 95 Euro) ganz in Weiß erstrahlen lassen. Die Schächte und die Stromversorgung, die auch schon ihr 40-jähriges Bestehen begangen hatten, wurden komplett erneuert.
Ebenso bekam die Metzgerzeile, deren Untergrund kurz vor der Fertigstellung steht, ein neues Make-up. Ein Meer von Strahlern soll in den Katakomben in Zukunft dafür sorgen, dass sich keine Standlfrau mehr in den Gewölben fürchten muss, weil es dort licht sein wird wie der helle Tag.
In der Vergangenheit gab es mehrere polizeibekannte Vorkommnisse. Die überfällige, brandschutzgerechte Untertage-Renovierung sollte eigentlich längst abgeschlossen sein. Der Zeitverzug ist enorm. Über den Kostenfaktor hüllten sich zuständige Behördenvertreter wie Christian Schilling, der zuständige Planer, in Schweigen. Ursprünglich waren mal rund 2,5 Millionen Euro veranschlagt worden.
Markthallen-Primus Boris Schwartz (Grüne), oberster Hüter des Viktualienmarktes, bestätigte, dass der neue alte Bereich unter der Erde nur „für Personal“ vorgesehen ist. Die rund sechs Millionen Besucher und Kunden, die pro Jahr den Viktualienmarkt beehren, müssen nach wie vor in dringenden Fällen die Waschräume vom Markt-Biergarten aufsuchen. „Das ist definitiv ein Behelf, der noch geändert werden muss“, erklärte Schwartz, der noch ziemlich neu ist im Amt und sich mit der Hinterlassenschaft seines Vorgängers Rainer Hechinger beschäftigen muss.
Aktuell droht übrigens neues Ungemach mit der Markthändler-Vereinigung, der Interessengemeinschaft Viktualienmarkt (IGV), die aus über 80 Mitgliedern besteht. Sprecherin Elke C. Fett und Anwältin Erika von Heimburg wollten sich „keinen Maulkorb verpassen lassen“. Kommunalreferent Axel Markwardt hatte vor einiger Zeit die Markt-Frontfrau Fett zu sich bestellt und explizit gefordert, die Medien ohne Rücksprache mit ihm nicht mehr einzuschalten. „Mit dieser Art von Bevormundung waren wir nicht einverstanden“, sagte sie der AZ.
Es sei auch das behördliche Versprechen, die Händler bei Neuerungen mit einzubeziehen, nicht eingehalten worden – und ein Stadtratsbeschluss ohne Information und Absprache gefasst worden. „Wir wurden weder vorher noch nachher unterrichtet, wie zum Beispiel die Standvergabe neu geregelt wird“, fügte Duftstandl-Besitzerin Elke Fett hinzu.
„Das waren Missverständnisse“, entgegnete Boris Schwartz: „Mit noch mehr Transparenz werden wir vorgehen und die Standl ausschreiben, für die sich jeder bewerben kann. Mit einem ähnlichem Punktesystem wie auf der Wiesn und mindestens mit einem Vier-Augen-Prinzip wird dann vorgegangen. Es werden klassische Einzelhändler bevorzugt, die mit Qualität und regionalen Erzeugnissen auf den Markt kommen wollen.“