Naturschutz oder Bauland? Ärger um Siemens-Sportpark in Solln

Die Wiesen beim Siemenspark in München sollen ein Schutzgebiet werden, fordern Bürger. Doch es geht ihnen zu langsam. Jetzt haben sie eine Beschwerde eingereicht. Die AZ erklärt den Konflikt.
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Die Stadt könnte hier ein wertvolles Stück Natur verlieren, fürchtet Anton Vogel.
Die Stadt könnte hier ein wertvolles Stück Natur verlieren, fürchtet Anton Vogel. © Bernd Wackerbauer

Solln - Für die einen sind Flächen beim Siemens-Sportpark in Solln ein Acker, den die Stadt ebenso gut mit Wohnungen zupflastern könnte. Für die anderen ist diese Fläche ein schützenswertes Stück Natur, wo Bienen und Hummeln umherschwirren und von wo aus frische Luft in die Stadt gelangt.

Ackerfläche ist besonders schützenswert, sagt Interessengemeinschaft

Anton Vogel (47) gehört zur letzteren Gruppe. Er ist Teil der Interessensgemeinschaft "Ü60-aktiv", die Wiesen südlich der Siemensallee und westlich der Wolfratshauser Straße für besonders schützenswert hält und die fürchtet, dass dort eines Tages Betonklötze statt Blumen aus dem Boden ragen. Die Initiative hat nun bei der Regierung von Oberbayern eine Dienstaufsichtsbeschwerde gegen die Stadt eingereicht. Ihr Vorwurf: Die Stadt würde Beschlüsse bewusst verzögern - um so eines Tages die Flächen doch noch mit Wohnungen zu bebauen, fürchten Vogel und seine Mitstreiter.

Seit 30 Jahren gibt es den Konflikt um die Flächen südlich der Siemensallee

Tatsächlich sind Flächen südlich der Siemensallee und westlich der Wolfratshauser Straße in der Nachbarschaft seit fast 30 Jahren ein Thema. In ihrer Beschwerde verweist die Bürgerinitative auf einen Beschluss aus dem Jahr 1993, wonach das Areal schon damals unter Schutz gestellt werden sollte. Passiert sei allerdings bis heute nichts. Die Interessensgemeinschaft ärgert dies so sehr, dass sie von einer "taktischen Bürgertäuschung" spricht. Anton Vogel, der in der Nähe der Felder wohnt, erfuhr erst vor gut einem Jahr von diesem Streit. Bei einer Bürgerversammlung habe er gehört, dass es Pläne gebe, den Acker zu bebauen, sagt er. Von 1.800 Wohneinheiten sei die Rede gewesen. "Da wurde ich hellhörig", meint Vogel. "Schließlich brauchen wir die Grünflächen für den Klimaschutz."

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Verfasst hat die Beschwerde an die Regierung von Oberbayern aber Wilfried Buchsteiner, der Sprecher von "Ü60". Er ist von der Politik des grün-rot regierten Stadtrats enttäuscht: "Vor einem Jahr wurde der Klimanotstand ausgerufen. Aber er ist nichts weiter als ein Papiertiger." Tatsächlich durchlief das Gebiet laut Planungsreferat bereits 2007 eine "erste Öffentlichkeitsphase". Doch bis heute wurde keine Beschlussvorlage in den Stadtrat eingebracht. Dies sei aufgrund erfolgter Gesetzesänderungen, die Wiederholungen von Anhörungsverfahren notwendig machten sowie weiterer Prüfungen nicht möglich gewesen. Zudem habe es "politische Fragestellungen und Wünsche" gegeben.

Grüne im Stadtrat sind gegen die Bebauung des Gebiets

Noch diesen Sommer soll sich der Stadtrat allerdings mit dem Inschutznahmeverfahren befassen, heißt es von der Verwaltung. Eine Bebauung sei nicht vorgesehen. Die Dienstaufsichtsbeschwerde hat die Stadt noch nicht erreicht. Lieber verweist das Planungsreferat auf Erfolge beim Naturschutz: "Das Gelände des Siemenssportparks konnte von der Stadt im Jahr 2017 erworben werden. Im Rahmen einer Machbarkeitsstudie soll das Gelände für die Allgemeinheit, für den Sport und dauerhaft für die Natur gesichert werden." Zuvor hatte die Siemens AG das Areal als Betriebssportanlage für ihre Mitarbeiter genutzt.

Auch Anna Hanusch, die Fraktionsvorsitzende der Grünen, sagt, dass sich ihre Fraktion gegen eine Bebauung des Gebiets ausgesprochen habe. Derzeit erarbeite ihre Fraktion gemeinsam mit der Stadt eine Liste von besonders schützenswerten Gebieten. Auch diese Flächen sollen sich darauf wiederfinden. "Natürlich wollen wir nicht alles mit Wohnungen zuklotzen", sagt der Fraktionsvorsitzende der SPD Christian Müller. Grundsätzlich sei es aus seiner Sicht aber möglich, Wohnungsbau im Einklang mit Naturschutz zu realisieren. Trotzdem sind Anton Vogel und Wilfried Buchsteiner wenig optimistisch. So lange es keinen Beschluss gebe, seien solche Bekundungen nichts als Lippenbekenntnisse.

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  • Igel01 am 28.03.2021 18:09 Uhr / Bewertung:

    Wir alle, Jung und Alt tragen eine große Verantwortung, dass die nachfolgende Generation in einem gesunden Umfeld aufwachsen kann. Das geht uns doch alle an!
    Bereits jetzt schaffen wir es nicht, die klimatische Situation in München zu verbessern, stattdessen steigt die Erwärmung ständig an, ohne dass es jemand juckt. Durch unüberlegte Riegelverbauung dringend benötigter Frischluftschneisen und großflächigem Zubetonieren mit maximaler Baudichte, verbauen wir allen Bürgern dieser noch lebenswerten Stadt den für unsere Gesundheit so wichtigen Frischluftaustausch von West nach Ost. Auch ich verstehe, dass Wohnraum benötigt wird. Aber nicht durch ungezügeltes Bauen, um gierigen Baulöwen den Sack zu füllen. Was dieser Stadt fehlt, ist ein Gesamtkonzept, das unsere Gesundheit in den Vordergrund stellt und das Bauen dort erlaubt wo es gesundheitsverträglich vertretbar und ökologisch sinnvoll ist. Wir müssen jetzt handeln bevor es zu spät ist. Gesundheit ist doch unser höchstes Gut oder?

  • Kampf den Grünen am 27.03.2021 19:07 Uhr / Bewertung:

    Wer wettet dagegen um eine Kiste Münchner Helles: Der Grüne Stadtrat wird die Fläche zubetonieren.

  • hiertanzenvieleihrenamen am 28.03.2021 10:38 Uhr / Bewertung:
    Antwort auf Kommentar von Kampf den Grünen

    Als Siemens Dank der CSU dort gebaut hat, hat niemand mitgewettet. Weshalb sollte das jetzt anders sein?

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