Nachbarn klagen gegen Kitas

Drei Kitas auf 50 Meter? Das wollen Anwohner in der Vollmannstraße in Bogenhausen unbedingt verhindern – und klagen! Die Richter haben eine überraschende Lösung...
von  Thomas Gautier
Gerichtstermin am Bürgersteig: Anwälte, Richter, Kläger und Beklagte vor der Kita "Biberbau" am Montag.
Gerichtstermin am Bürgersteig: Anwälte, Richter, Kläger und Beklagte vor der Kita "Biberbau" am Montag. © Thomas Gautier

Drei Kitas in 50 Meter Umkreis? Das wollen Anwohner in der Vollmannstraße in Bogenhausen unbedingt verhindern – und klagen gegen die Einrichtungen.

Bogenhausen - Petra Wittmann hat vier Kinder – und braucht nicht mehr. Schon gar nicht direkt neben ihrem Haus. Die 43-Jährige aus der Vollmannstraße klagt deshalb gegen eine Kindertagesstätte. „Biberbau“ heißt die und soll im März 2014 eröffnen.

Die Selbstständige fürchtet den Lärm durch Kinder und Verkehr – und ist da nicht allein. Ein Nachbar, der hinter ihr wohnt, hat auch geklagt – gegen eine zweite Kita des privaten Trägers „Elly & Stoffl“. Die liegt 20 Meter in der anderen Richtung. Als wäre das nicht genug, soll bald noch eine dritte Kindertagesstätte gleich gegenüber aufmachen.

Drei Kitas in 50 Metern Umkreis? Das wollen die Bogenhauser würden hier Platz finden – das wären „210 Mamis zusätzlich“, die sie jeden Tag herbringen, sagt Petra Wittmann.

Am Montagmorgen machen sich die Richter bei einem Ortstermin selbst ein Bild. Auf der Straße bildet sich ein kleiner Auflauf: Richter, Sachverständige, Träger, Architekten – und Anwohner aus der Vollmannstraße.

Die sind auch gegen so viele Kitas vor Ort – vor allem gegen den „Biberbau“. Der sei „ein Pfusch“, schimpft Renate Wellemann (63), der ein benachbartes Haus gehört. Das Haus sei nicht für Kinder geeignet, meint sie. Und erst der Verkehr! „Ich habe ja selbst keinen Parkplatz bekommen heute Morgen.“ Wellemann befürchtet Horden von Eltern in dicken Autos, die jeden Morgen ihre Kinder herbringen und die Straße verstopfen. „Bei den Preisen für einen Platz kommen die ja bestimmt nicht mit der Tram!“

Auch Edith Kruschel (74) will den „Biberbau“ verhindern. Sie wohnt eine Reihe nach hinten versetzt und blickt von ihrer Haustür aus auf den hinteren Teil des Kita-Gartens. Hier sollen die Kinder ab März 2014 spielen. Das werde viel zu laut, sagt sie: „Wenn ich drei Schritte rausgehe, stehe ich schon am Zaun mit den Kindern.“

Dieser Protest bringt „Biberbrau“-Träger Helge Köhling in eine dumme Lage. Der 37-Jährige wollte mit seiner Frau die Kita eigentlich 2012 eröffnen, der Prozess hat ihn zwei Jahre gekostet.
1,5 Millionen Euro kostet der Umbau des Hauses. Die Köhlings haben einen Kredit aufgenommen. 1,2 Millionen kommen als Fördergelder immerhin von der Stadt, die den „Biberbau“ längst genehmigt hat – wie übrigens auch die andere Kita von „Elly & Stoffl“.

Köhling glaubt, dass es nicht so schlimm wird mit dem Verkehr. Man habe eine Tiefgarage mit 20 Stellplätzen und biete einen Abholservice an. Köhling hofft, dass einige mit den Öffentlichen kommen. Und dass noch zwei Kitas in der Straße aufmachen, sei nicht seine Schuld: „Wir eröffnen ja als Erste.“

Auch bei „Elly & Stoffl“ rechnet man mit weniger Verkehr. Aus Erfahrung kämen viele mit dem Rad, sagt Firmenvertreter Daniel Schleif. Man habe Stellplätze auf dem Gelände und eine recht lange Bring- und Abholzeit.

Die Richter sehen es am Ende auch so und genehmigen die „Elly & Stoffl“-Kita. Beim „Biberbau“ schlagen sie folgendebn Kompromiss vor: Die Kita soll eröffnen – hinter einer 2,50 Meter hohen Schallschutzmauer.

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