Nach Amoklauf: Münchner starten #OpenWindow-Aktion

Eine Fußballmannschaft, die bei dem Attentat im OEZ einen Freund verlor, entschied sich einen Tag nach dem Amoklauf in München dazu, die Stadt mit einer großartigen Aktion wieder ein wenig aufzumuntern.
von  az
Die Aktion "Munich Smile Again" kam bei den Menschen enorm gut an
Die Aktion "Munich Smile Again" kam bei den Menschen enorm gut an © BlackRebelMotorSoccerClub

Am 22. Juli 2016 erschütterte München ein Amoklauf, bei dem neun Menschen in den Tod gerissen wurden. Wie es eine Fußballmannschaft, die um den Kumpel eines Mitspielers trauert, tagsdarauf mit einer schönen Idee schafft, trauernde Menschen aufzumuntern.

Maxvorstadt - Am Tag nach dem schrecklichen Amoklauf im Olympia-Einkaufszentrum (OEZ) sind die Straßen gespenstisch leer, eine unheimliche Stille liegt über der Stadt. Neun Menschen verloren bei dem schrecklichen Attentat ihr Leben, darunter fast ausschließlich Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene. Auch in der Maxvorstadt, dem Viertel, in dem der Schütze wohnte, spürt man die Trauer. Sogar in der sonst so lebhaften Gegend nahe der Universität. 

Dann haben einige junge Münchner eine Idee, eine schöne Idee. Sie zeigen, dass es nicht mehr braucht als eine abgespannte Tennissaite, einen Blumenkübel und Lebensmut, um  wieder ein Stück Heiterkeit in die bedrückende Atmosphäre zu bringen.

Nach #OpenDoors folgt #OpenWindow

Es ist Samstagmorgen, der Tag nach der Tat. Markus Klausmann, 36, bekommt einen Anruf. Er ist Kapitän des Freizeitfußballvereins BlackRebelMotorSoccerClub und hat einen Mitspieler am Telefon. Der erzählt, dass ein Kumpel von ihm, mit dem er früher in einer anderen Fußballmannschaft spiete, unter den Todesopfern ist. "Er war sehr bestürzt und hat gefragt, ob er zum Reden vorbeikommen kann", sagt Markus Klausmann.  Er sagt natürlich zu.

Beim Reden kommt den beiden die Idee: Nach der Aktion "Open Doors", die Münchner während des Amoklaufs ins Leben riefen um Schutzsuchenden Unterschlupf zu gewähren, starten sie nun die spontane Aktion "Open Window". Und das funktioniert so: Sie holen einen Kasten Bier aus dem Supermarkt direkt unter Klausmanns Wohnung. An eine abgespannte Saite eines Tennisschlägers binden sie einen Blechkübel. Und ans Fensterbrett hängen sie Pappkartons mit der Aufschrift: "Munich smile again. 1 Smile, 1 Beer" - München lächle wieder. Ein Lächeln, ein Bier.

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"Die Reaktionen waren großartig", sagt Markus Klausmann. "In den Stunden darauf sind immer mehr Menschen vorbeigekommen und haben sich Freude." Wer zu den jungen Männern - mittlerweile sind mehrere Teamkollegen des BlackRebelMotorSoccerClubs hinzugekommen - mit einem Lächeln aufblickt, bekommt im Kübel ein Bier hinabgelassen. Eine schöne Geste. Eine Kleinigkeit, die aber große Freude macht.

Tolle Aktion für mehr Miteinander

Denn: Es bleibt nicht bei ein paar Lächelnden. "Wir mussten mehrmals Nachschub holen und haben auch noch Getränke geschenkt bekommen, etwa von einer Nachbarin", sagt Klausmann. Insgesamt neun Kästen Bier seilen sie flaschenweise ab. "Aber was mich auch besonders freut", sagt Klausmann, "ist, dass die Aktion so weite Kreise zieht und auch Leute erreicht, die nicht dabei waren." Der BlackRebelMotorSoccerClub postet Bilder der Aktion auf seiner Facebook-Seite: Es gibt viele Likes und Nachrichten mit Zuspruch. "So eine tolle Aktion. Danke!", heißt es etwa in den Kommentaren.

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Für die schöne Idee gab's fürs Fußballteam dann auch noch Burritos vom nahen Lokal und einen Daumen nach oben von einem Polizisten, der im Einsatzbus an der Wohnung vorbeifuhr. Besonders beeindruckt hat Markus Klausmann aber das Miteinander, das man den ganzen Tag über spüren konnte. "Einige Leute sind gleich länger unterm Fenster Zeit geblieben", sagt er. "Und abends haben wir dann noch unsere Tür geöffnet und alle, die noch da waren, zu uns ins Wohnzimmer geholt." Der Ausklang einer großartigen Idee, die  nicht nur dem Team und seinen Spielern geholfen hat, sondern auch viele andere hat lächeln lassen.

Die AZ sagt: Chapeau! Vielen Dank für eine so schöne Geschichte an einem Tag von großer Trauer.

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