Mysteriöses Geräusch: Himmelstrompeten oder Rüttelbär?

Es ist kurz nach 8 Uhr am vergangenen Donnerstag, als der Münchner Mark Huber in Schwabing ein markerschüttendes Geräusch hört. Es klingt, als komme es aus einer gigantischen Posaune und erinnert an Soundeffekte aus Hollywood-Endzeitfilmen wie „Krieg der Welten“.
Huber klingelt bei den Nachbarn. Alle haben das Geräusch gehört, aber keiner hat eine Erklärung.
Erst an diesem Mittwoch wird er fündig. Im Innenhof der Wohnanlage am Schwabinger See, in der auch Huber wohnt, hat ein anderer Ohrenzeuge die letzten Sekunden des Dröhnens mit seiner Handykamera festgehalten. „Was ist das? Scheiße!“, hört man ihn flüstern. Tausende haben das Video bei Youtube angeklickt.
„Habe das selbe Geräusch gehört! Was zur Hölle ist das?“, kommentiert ein User, „Genau das war das Geräusch! Woher kommt das?“, fragt ein anderer.
Mark Huber wendet sich an die AZ-Redaktion: „Mich würde interessieren, was das für ein Geräusch war – es ging richtig unter die Haut!“
Anfrage an die Stadt. „Wir haben uns das Video angeschaut und keine Ahnung, worum es sich handelt“, sagt der Pressesprecher des Baureferats, Christian Müller. Auch die Polizei ist ratlos.
Eine Internetrecherche führt zu absurden Ergebnissen und tief in verschwörungstheoretische Milieus: Das seien „streng geheime Experimente“, heißt es. Oder Raumschiffe.
Verbreitet ist auch eine religiöse Erklärung: Es handele sich um „Himmelsposaunen“, um „die Vorboten der biblischen Apokalypse – die Sieben Posaunen des Weltgerichts, die Trompeten von Jericho oder die Offenbarung des Johannes.“ So formuliert es ein anonymer Experte in einem populären Erklärvideo, das über 250 000 Menschen angeschaut haben.
Was AZ-Leser sagen
Auf az-muenchen.de nehmen es die meisten User mit Humor: „Des war der Schorschi Kronawitter, der sich geärgert hat, dass die Wolken hier oben höher als die Frauenkirche sind“, schreibt „Engel Aloisius“.
„Uli Hoeneß hat die Mannschaft kurz aber heftig auf das Pokalendspiel eingestellt“, meint „Karlheinz Eduard“.
„Sorry, aber der Bohneneintopf von Mutter war einfach zu gut“, scherzt „Sepp“.
„Da hat der Herr Reiter die Mietpreisbremse eingeschaltet. Und das Donnergrollen deutet auf die Bremswirkung hin“, glaubt „HK“.
Was die Skeptikergesellschaft sagt
Da ähnliche Geräusche weltweit dokumentiert sind, hat sich auch die „Gesellschaft zur wissenschaftlichen Untersuchung von Parawissenschaften“ (GWUP) des Themas angenommen, eine große Skeptikerbewegung aus Deutschland.
Neben zahlreichen und plumpen Fake-Videos gebe es durchaus glaubwürdige Absender, so die GWUP.
Die Ursachen seien unterschiedlich: Neben „aerodynamischen Geräuschen“, zum Beispiel von Flugzeugen, seien auch „seismische Bewegungen“ in der Erdkruste eine mögliche Erklärung. „Godzilla ist es jedenfalls nicht.“
In vielen Fällen hätten sich nahe Großbaustellen als Lärmquelle erwiesen: Die GWUP nennt unter anderem Tunnelbaumaschinen.
Was ein Schwabinger Bauträger sagt
In die Richtung geht auch der Tipp eines AZ-Lesers: „Das ,Donnern’ hört sich nach einem Spundwandrüttler an, der benutzt wird, um Spundwände in den Boden zu rütteln. Beim Anfahren des Rüttelbären entsteht beim Durchfahren der Eigenfrequenz des Rüttlers genau dieses Geräusch“, schreibt Joachim Urs Müller, Diplom-Ingenieur bei der Hilti AG, berühmt für ihren Bohrhammer.
Aufnahmen des „Rüttelbären“ klingen in der Tat wie das in Schwabing dokumentierte Geräusch.

Ein Spundwandrüttler mit Rüttelbär beim Setzen einer Spundwand. Foto: ABI Maschinenfabrik und Vertriebsgesellschaft mbH
Von der nahen Baustelle des „Schwabinger Tors“ stammen sie jedoch nicht: „Über das Stadium des Rüttelbären sind wir längst hinaus“, sagt Sprecher Steffen Warlich vom Bauträger Jost Hurler auf AZ-Anfrage. Er könne jedoch nicht ausschließen, dass auf umliegenden Baustellen noch Rüttelbären im Einsatz seien.
Zur Not bleibt immer noch die alternative Erklärung: Die Apokalypse beginnt – wer hätt’s gedacht – in Schwabing.