Mysterien um Schloss Nymphenburg: Geheimnisvolle Kräfte

Auf der Suche nach Pan: Ein Spaziergang zu den Mysterien rund um Schloss Nymphenburg – und was dahinter steckt.
Christopher Weidner |
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Gleich am Eingang des Nymphenburger Schlossparks: der Titan Saturn, der aus Angst vor seiner Entmachtung seine Kinder verschlingt.
imago/imagebroker Gleich am Eingang des Nymphenburger Schlossparks: der Titan Saturn, der aus Angst vor seiner Entmachtung seine Kinder verschlingt.

Nymphenburg - Spaziergang zu den Mysterien rund um Schloss Nymphenburg Beginnen Sie Ihren Spaziergang im barocken Parterre gleich hinter dem Schloss. Während Sie den mittleren Gang entlangspazieren, lassen Sie sich von den Götterstatuen links und rechts inspirieren.

Da sehen Sie gleich am Eingang den schrecklichen Titan Saturn, der aus Angst vor seiner Entmachtung seine Kinder verschlingt. Ihm gegenüber steht die uralte Muttergottheit Kybele. Sie trägt eine Krone in Form einer Stadtmauer. Es sind die ältesten Götter, die am Eingang stehen und den Garten bewachen. Ihnen folgen die ersten der olympischen Götter: Jupiter mit den Blitzen und dem Adler als Attribut, ihm gegenüber die Himmelsköngin Juno, seine Gemahlin. Sie ist am ihr zugeordneten Pfau zu erkennen.

Beobachten Sie, wie jeweils eine männliche und weibliche Gottheit sich gegenüberstehen, zusätzlich in der Reihe entlang des Weges abwechseln. Die Urpolarität, aus der alle Schöpfung entsteht, durchwebt den gesamten noch der strengen barocken Geometrie folgenden Göttergarten. In der Mitte gelangen Sie an die Fontäne. Einst stand hier ein gold-glänzender Florabrunnen, der Göttin des Frühlings und der Blumen geweiht.

Bemerkenswert schön: die drei Sichtachsen des Parks

Sckell verwandelte ihn in einen Felsen, aus dem das Wasser nach oben schießt und die Verbindung zwischen oben und unten, Himmel und Erde schafft. Von dort aus haben Sie auch einen wundervollen Blick auf die drei Sichtachsen des Parks: den Mittelkanal, der in der Ferne den Kirchturm von Pipping erkennen lässt, den Blutenburger Durchblick rechter Hand und den Pasinger Durchblick linker Hand.

Nach den Statuen von Unterweltsgott Hades und seiner Gemahlin Proserpina gelangen Sie an den Mittelkanal, die mächtige Zentralachse, die sich durch die ganze Anlage und das Schloss selbst zieht. Wenden Sie sich nun nach links und tauchen Sie nach wenigen Schritten der Beschilderung "Amalienburg" folgend in den Wald ein. Sie verlassen nun den geordneten Kosmos der Götter und betreten das wilde Land der Naturgeister, der Nymphen und Faune.

Nach einer Brücke bleiben Sie kurz stehen. Betrachten Sie den Weg vor sich. Links vor Ihnen türmen sich die dunklen Gestalten von Eiben auf. Ihnen gegenüber bleibt der Wald lichtdurchflutet. Ein schönes Beispiel von Landschaftskunst, denn dieses düstere, sehr giftige Gewächs gilt als Baum der Unterwelt und verbirgt das Geheimnis von Leben und Tod. Sckell: "(Die Eibe) kann daher in den Naturgärten nur jene Stellen einnehmen, die der Melancholie und der Einsamkeit geweiht werden sollen."

Gleich am Eingang des Nymphenburger Schlossparks: der Titan Saturn, der aus Angst vor seiner Entmachtung seine Kinder verschlingt.
Gleich am Eingang des Nymphenburger Schlossparks: der Titan Saturn, der aus Angst vor seiner Entmachtung seine Kinder verschlingt. © imago/imagebroker

Unter dunklen Eiben sitzt der Gott der wilden Natur

Tatsächlich versetzt uns der Anblick der Eibe in eine leicht düstere Stimmung – die umso überraschender gelöst wird, wenn wir sie passieren, denn genau hinter ihnen taucht die Amalienburg auf, das im überschwänglichen, hellglänzenden Rokoko gestaltete Werk Cuvilliès’, das auf Geheiß des Kurfürsten Karl Albrecht als letzte der vier Parkburgen geschaffen wurde. Durch das Dunkle kommen wir ans Licht, so die Botschaft.

Nach der Amalienburg bestaunen wir eine mächtige Rotbuche, die nach Sckell dem Jupiter heilig ist, wenden uns nach rechts und in Richtung Badenburg. Entlang eines Baches und vorbei am Dörfchen mit dem grünen Brunnenhaus finden wir unseren Weg schließlich zur Badenburg und dem gleichnamigen See, an dessen gegenüberliegendem Ufer schon der geheimnisvolle Apollotempel – ein Monopteros, der zu uns herüber leuchtet, dem Gott des Lichtes und der Wahrheit geweiht.

Eine Verheißung, die wir nur aus der Ferne sehen, vielleicht wenn wir für einen Augenblick unter dem alten Lindenbaum direkt am See Rast machen. Dann geht es weiter das Seeufer entlang. Bald schon schieben sich die wild bewachsenen Inseln vor den Tempel und lassen ihn verschwinden.

Wir geben nicht auf, sondern folgen dem Pfad weiter. Hinter einer Brücke schließlich taucht er endlich wieder auf, diesmal ganz nah! So mag es uns oft im Leben ergehen: Wir glauben, etwas aus dem Blick verloren zu haben, dann taucht es auf einmal wie von selbst wieder auf, noch strahlender und schöner als zuvor. Es war nie weg, sondern wir haben es lediglich aus den Augen verloren.

Neben Pan hockt sein Symboltier - der Ziegenbock

Wir umrunden den See weiter und machen natürlich einen Abstecher zum Tempel selbst. Auf den Stufen dieses Monopteros mit seinen zehn Säulen können wir unseren Blick über den See schweifen lassen, blicken zurück auf den Weg, dem wir bis hierher gefolgt sind.

Dann machen Sie sich weiter auf den Weg – zu einem weiteren Mysterium des Parks. Folgen Sie dem Weg entlang des Sees in Richtung Schloss zurück, das sich Ihnen nun am Ende des Pasinger Durchblicks zeigt. Doch erst einmal verschwinden wir wieder in einem Wald.

An einer Wegkreuzung halten wir für einen Augenblick inne. Lauschen Sie in den Wald hinein. Können Sie das Plätschern hören? Folgen Sie diesem Geräusch und nehmen den rechten Weg. Nach nur wenigen Schritten offenbart sich Ihnen ein weiteres Geheimnis: Auf einem Felsen, aus dem eine Quelle sprudelt, und unter dunklen Eiben sitzt der wohl geheimnisvollste aller Götter: Pan, der Gott der wilden Natur. Er spielt auf seiner Panflöte, neben ihm sein Symboltier, der Ziegenbock.

Vielleicht können Sie seine Melodie hören? Nach dieser mystischen Begegnung kehren Sie zum Schloss zurück – oder lassen sich auf den vielen anderen gewundenen Pfaden im Park zu anderen Mysterien begleiten.


Der Autor Christopher Weidner bietet mit seiner Agentur Stadtspürer Führungen an – auch im Nymphenburger Schlosspark: www.stadtspuerer.de

Lesen Sie hier Teil 1: Nymphenburger Schlosspark - eine sinnliche Erfahrung

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