Münchner Tagescafé Gundelinde: Wie ein Lebenstraum zerplatzt

Schwabing - Vor knapp zehn Jahren hat sich Philipp Demel seinen Lebenstraum erfüllt und das Tagescafé Gundelinde in Schwabing eröffnet. Die Corona-Krise hat das gut laufende Geschäft von heute auf morgen zum Stillstand gebracht. Der Vater von Zwillingen ist verzweifelt.
Vom Designer zum Gastronom
Demel ist eigentlich Designer. Aber irgendwann hat der 43-Jährige seine Koch-Leidenschaft entdeckt und wollte sich auch beruflich in dieser Richtung verwirklichen. Erste Erfahrungen in der Gastronomie sammelte er als Gesellschafter im Café Ruffini in Neuhausen. Aber irgendwann wollte er auf eigenen Beinen stehen. Schließlich hat er den Feinkostladen in der Gundelindenstraße entdeckt und übernommen. Von Anfang an war sein Plan, weg vom reinen Feinkost-Verkauf hin zu einer guten Mittagsküche und Catering zu gehen.
Etablierter Mittagstisch und Catering: eigentlich zwei solide Standbeine
Eine bestimmte Kochrichtung hat Demel nicht, aber hochwertig muss es sein. Als gebürtiger Bremer steht ab und zu mal Grünkohl und Matjes auf der Karte, aber auch viel Asiatisches. "Und Pasta geht natürlich immer. Grundsätzlich koche ich viel mit Gemüse und viele vegetarische Gerichte. Die kamen bei den Gästen sehr gut an", erzählt Demel. Einzig die bayerische Küche gab es eher selten in der Gundelinde, "aber damit sind die Leute dank anderer Gaststätten hier im Viertel ohnehin gut versorgt".
Plötzlich waren die Gäste im Homeoffice
Nach ein paar Jahren hatte sich der Mittagstisch in der Gundelinde herumgesprochen und etabliert. Vor der Krise konnte Demel im Lokal 25 Personen und im Sommer draußen noch einmal die gleiche Anzahl an Gästen mittags bekochen. Das Geschäft lief gut. Viele Stammgäste wussten seine kleinen besonderen Mittagsgerichte zu schätzen. Das waren zum Teil Anwohner, aber vor allem viele Büromitarbeiter aus den umliegenden Firmen. Aber von heute auf morgen waren seine Gäste zum Großteil im Homeoffice.
Auch Catering wird gerade nicht benötigt
Sein zweites Standbein war ein gut laufendes Catering-Geschäft. Von der großen Firmenfeier bis zur Kommunion hat die Gundelinde viele Menschen mit Speisen beliefert. Ein gut kalkulierbares Geschäft. Catering läuft ohnehin nur auf Bestellung. Da kann man gut planen und gezielt einkaufen. Demel konnte stolz sein auf das, was er sich in den vergangenen Jahren aufgebaut hat. Aber mit dem ersten Lockdown im vergangenen Jahr ging auch diese Geschäftssparte plötzlich komplett auf null.

In manchen Lokalen funktioniert es nicht mit Mitnahme-Gerichten
"Corona hat mir das Geschäft jetzt innerhalb von ein paar Monaten zerbröselt", klagt der Familienvater. Zu Beginn der Krise hat er noch versucht, wie viele andere Lokale auf To-Go-Küche umzustellen. Aber nachdem die Büromenschen nicht mehr im Viertel waren, hat kaum jemand etwas bestellt. Es war auch nicht einfach, die Gerichte ansprechend und gleichzeitig nachhaltig zu verpacken. "Wenn dann einer zu spät zum Abholen kam, war alles wieder kalt geworden in der Pappschachtel", erzählt Demel. Seine Tagesumsätze waren so unrentabel, dass er beschloss, seine zehnjährigen Söhne Oskar und Karl zu betreuen und das Homeschooling zu übernehmen.
Die privaten Reserven sind aufgebraucht
Natürlich hat er Coronahilfen beantragt und auch bekommen. Aber laufende Kosten und Ladenmiete muss er weiter bezahlen. Das Lokal gehört der Münchner Zentralbaugenossenschaft. Anders als erwartet, besteht diese auf die Weiterzahlung der Miete. Die sei ohnehin recht niedrig, habe man ihm mitgeteilt. Seine privaten Reserven sind jetzt aufgebraucht, er hat sich Geld von der Familie geliehen. "Ich bin an der Grenze angelangt. Wenn jetzt nichts passiert, kann ich den Laden nicht mehr halten", sagt Demel traurig. Wie gerne hätte man einen Rat oder aufmunternde Worte für Menschen wie ihn.