Münchner Stadtbezirk 22: Radikal verjüngt – und verdoppelt
Boomstadt München: Aus aktuell 1,5 Millionen Einwohnern sollen bis 2040 rund 1,9 Millionen Menschen werden, sagen die Prognosen. Und die Münchner fragen sich: Wie wird – und wie soll – unsere Stadt noch wachsen? Was werden die Zuzüge in den einzelnen Vierteln verändern? Und wie denken die Bewohner über die Zukunft in ihrem Wohnumfeld?
Von Dorfidylle, Landwirtschaft, Gärtnereien, eine Hochhaussiedlung, eine Autobahn, eine Seenlandschaft – und das größte Neubaugebiet Europas: Aubing-Lochhausen-Langwied, der 22. Stadtbezirk Münchens weit draußen im Westen der Stadt, ist in mehrfacher Hinsicht besonders.

Aubing, Lochhausen und Langwied waren mal Dörfer
Es ist der Stadtbezirk, der sich in den nächsten 20 Jahren am radikalsten verändern wird: Aus Acker wird Großstadt, die Bevölkerung verdoppelt sich. Und sie wird radikal jünger. Wie kommt's? Mit seinen 3.400 Hektar ist Aubing-Lochhausen-Langwied flächenmäßig der größte unter den 25 Münchner Stadtbezirken. Und gleichzeitig der am dünnsten besiedelte. Nur 14 Einwohner leben hier statistisch (noch) auf jedem Hektar. Zum Vergleich: In Sendling sind es 103. Und in der studentischen Maxvorstadt wohnen 119 Menschen auf einem Hektar.
Dass es noch so luftig ist auf diesem Landstrich, liegt auch daran, dass Aubing, Lochhausen und Langwied mal Dörfer waren, die erst in den 1940er Jahren nach München eingemeindet wurden, übrigens gegen den Willen der Einwohner.

Neuaubing-West und Westkreuz: Hochhäuser in den 1960ern
Die alten Dorfkerne kann man noch gut sehen – wie die Marienkapelle, den Dorfanger mit Bachlauf und den Maibaum in Langwied oder das Wirtshaus samt Maibaum und St. Michaels-Kirche in Lochhausen.
In Neuaubing kamen die Eisenbahner- und Arbeitersiedlungen (Dornier) dazu, in den 1960er Jahren folgten die Hochhaussiedlungen in Neuaubing-West und am Westkreuz. Lochhausen und Langwied dagegen sind lange ländlich geprägt geblieben. Nur die Paulaner-Brauerei, die ihre Produktion und Logistik 2015 aus der Stadt heraus nach Langwied verlagert hat, hat das Idyll ein Stück verändert.

Planungen für Neubauviertel Freiham begannen früh
Insgesamt leben wenige Singles im Stadtbezirk, auch wenige Erwerbstätige im mittleren Alter (junge Leute neigen dazu, in die City zu ziehen) – aber es gibt viele Kinder und viele Senioren. Der Anteil an Ausländern ist ungefähr so groß wie im München-Durchschnitt.
Das alles wird sich massiv ändern in den nächsten 20 oder 25 Jahren – mit den Mega-Neubauviertel Freiham, das an Neuaubing angrenzt, und für das die Stadt München schon in den 1960er Jahren unter Alt-OB Hans-Jochen Vogel (SPD) viel Ackerland aufgekauft hat.

Vielleicht entsteht sogar ein neuer Badesee
Seit ein paar Jahren wird hier schon gebaut. Auf einer Fläche von 250 Fußballfeldern sollen Wohnungen entstehen. Für rund 20.000 Bewohner, hieß es zunächst, inzwischen geht es um 28.000. Dazu entstehen einige tausend Jobs, ein Landschaftspark, Schulen, Kitas, ein Einkaufszentrum – und vielleicht sogar ein neuer Badesee, zusätzlich zum Erholungsgebiet rund um Langwieder- und Lußsee, das im Sommer regelmäßig überlaufen ist.
Aber auch an der Gleisharfe und Voglerstraße in Neuaubing, an der Henschelstraße in Lochhausen und in Altaubing, wo immer mehr Mehrfamilienhäuser alte, kleine Häusl ersetzen, wird nachverdichtet. Das alles bringt mit sich, dass die Einwohnerzahl im Stadtbezirk sich bis 2040 fast verdoppeln könnte. Von jetzt rund 47.000 auf dann 90.000, wie es der aktuelle Demografiebericht der Stadt vorrechnet.

BA-Chef Kriesel: "Masterplan" existiert bereits
Die Planer rechnen damit, dass vor allem jüngere Familien aus der Stadt raus nach Freiham ziehen. Schon heute werden in Aubing-Lochhausen-Langwied jedes Jahr 600 Babys geboren, mehr als in anderen Stadtteilen. In wenigen Jahren könnten es 1.000 per anno sein.
Insgesamt wird sich der Stadtbezirk enorm verjüngen – um drei Jahre auf ein Durchschnittsalter von 38,8 Jahre. Er wird den höchsten Anteil an Jugendlichen in der ganzen Stadt haben, dazu sehr wenige Alte und Hochbetagte.
Für die örtlichen Politiker heißt das: umdenken. Der Chef des Bezirksausschusses, Sebastian Kriesel (CSU) sieht das so: "Wir müssen unser Angebot für die Bürger komplett überdenken." Einen "Masterplan" dazu habe man schon in der Schublade. Der kommt nach der Sommerpause auf den Tisch.
Stadtbezirk in Zahlen
Aubing-Lochhausen-Langwied (Stand 2019)
Fläche: 3.400 Hektar davon rund 1.500 Hektar Landwirtschaft
Einwohner: rund 47.800 davon rund 13.600 Ausländer und rund 900 Arbeitslose
Pkw: rund 23.600
Lkw: rund 1.230
Praxis-Ärzte: 50
Apotheken: 11
Kitas: 43
Museen/Theater/Kinos: 1
Hotels: 8
Oberbürgermeister-Stichwahl 2014: Josef Schmid (CSU) 52,3 Prozent, Dieter Reiter (SPD) 47,7 Prozent
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