Münchner Marionettentheater: Wo die Puppen tanzen

Seit seiner Kindheit liebt Siegfried Böhmke Marionetten. Die AZ hat ihn in seinem Theater besucht.
von  Sigi Müller
Siegfried Böhmke ist seit 2000 Intendant des Marionettentheaters. Hier hält er die Figur des Papageno aus der Zauberflöte.
Siegfried Böhmke ist seit 2000 Intendant des Marionettentheaters. Hier hält er die Figur des Papageno aus der Zauberflöte. © Sigi Müller

Altstadt - "Heute wird gespielt." Das Schild am Münchner Marionettentheater in der Blumenstraße 32 machte mich neugierig – und so verabredete ich mich mit Siegfried Böhmke, dem Intendanten, Puppenspieler, Puppenbauer, Bühnenbildner, Sprecher, Autoren und noch viel mehr. Böhmke erzählt begeistert, mit leuchtenden Augen und kann einen sofort mit seinen Geschichten fesseln.

Als Kind zog er mit seinen Eltern in die Nähe des Theaters und als er sich eines Tages die Nase an den Fensterscheiben platt drückte, kaufte er sich spontan für 55 Pfennig eine Eintrittskarte. Nach der Vorstellung war die Leidenschaft vollends geweckt. Von da an kam er regelmäßig. In den Vorstellungen hatte er stets einen Block dabei und malte das Bühnenbild ab. Zu Hause bastelte er daraus ein kleines Modell. Meist war er eine Stunde vor Beginn der Vorstellung dort, denn durch zwei Fenster konnte man in die Werkstatt spechten.

Dass er immer schon eine Stunde vorher ums Theater lief, fiel den Mitarbeitern freilich irgendwann auf, und eines Tages wurde er gefragt, ob er nicht ab und zu aushelfen möchte. Er mochte. Mit 12 spielte er im Münchner Marionettentheater.

Später lernte er bei Jim Henson, bekannt durch die Muppet Show, und spielte dort jahrelang bei der Kindersendung "Die Fraggles" Uncle Matt und Gobo. Er war der meistgebuchte TV-Puppenspieler Deutschlands, übernahm dann im Jahr 2000 das Münchner Marionettentheater.

Lesen Sie hier: Kreatives Chaos in der Stadt - Zu Besuch bei Hartmut van Riesen

Die Kulissenwerkstatt ist im Haus, die Puppen entwirft und fertigt Böhm bei sich zu Hause. Dafür braucht er Ruhe, möchte nicht abgelenkt werden. Wir gehen durch die Theaterräume. Den großen Zuschauerraum mit 200 Plätzen, die Bühne, auf der gerade die Kulisse der "Kleinen Hexe" aufgebaut ist. Von oben, an langen Fäden gehalten, schweben sie und der Rabe ein – und machen eine kleine Verbeugung.

Eine enge, eiserne Wendeltreppe hoch und wir stehen vor den zwei Stegen, auf denen die Puppenspieler arbeiten. Dahinter die Räume, in denen Handpuppen und Marionetten auf ihre nächsten Auftritte warten. Viele Handpuppen, sogar Bundeskanzlerin Angela Merkel und Franz Josef Strauß, sitzen stumm da. Im nächsten Raum hängen sicher ein paar Hunderte Marionetten.

Alle Puppen hat Siegfried Böhmke entworfen und gebaut. Aus Holz geschnitzt, modelliert mit Glasaugen, schauen sie uns an. Im Laufe seines Lebens hat Böhmke sicher 2000 Puppen gebaut.

Auch eine ganz besondere Marionette – Papa Schmid, der Theatergründer – hängt, von vielen Fäden gehalten, zwischen all den anderen. Die Geschichte des Münchner Marionettentheaters reicht ja bis ins Jahr 1858 zurück. Mit seinen Mitarbeitern, die zum Teil seit der Übernahme im Jahr 2000 für ihn tätig sind, verbindet Böhmke ein familiäres Verhältnis. Der Ton ist freundlich und der Arbeitsplatz ein ganz besonderer.

Lesen Sie auch: Schwanthalerstraße - Ein bisserl Broadway in der Stadt

Nach einer Urlaubszeit vor einigen Jahren war man anscheinend noch so im Ferienmodus, dass vergessen wurde, den Vorhang zu öffnen. Gut fünf Minuten spielte man schon, bis einem Bühnenarbeiter dann doch noch auffiel, dass der Vorhang noch geschlossen war. Trotzdem hatten die Kinder gespannt das "Hörspiel" verfolgt, ohne etwas zu vermissen. Als dann der Vorhang aufging, fing man aber trotzdem noch einmal von vorne an. Aktuell läuft um 15 Uhr der "Riese Tunichtgut" und am 25. Februar um 20 Uhr die Zauberflöte. Dazwischen natürlich auch noch andere Produktionen. Etwa 70 Prozent der Vorstellungen sind für Kinder – kleine und natürlich auch große. Schauen Sie doch mal rein.

In diesem Sinne eine schöne Woche,

Ihr Sigi Müller

merken
Nicht mehr merken
X

Sie haben den Inhalt der Merkliste hinzugefügt.