Münchens analoger Selfie König Wolfgang Maier - 140000 Fotos mit Promis
München - Wer hat‘s erfunden? Die Schweizer? Nein, Herr Maier aus München. Wolfgang Maier machte schon Selfies, als es noch nicht einmal Handys gab. Zirka 140.000 Fotos mit sich und Prominenten aus Film, Fernsehen, Musik, Sport und Politik hat Herr Maier gemacht und in Hunderten Ordnern archiviert.
In unzähligen Filmen hat Maier mit vielen Stars gedreht. Mit Bud Spencer, Dennis Quaid und vielen, vielen anderen. Im Musikvideo zu Falcos "Amadeus" ist er mit weiß geschminktem Gesicht dabei, bei 70 Folgen der "Polizeiinspektion" hat er mitgearbeitet, eigentlich bei allen bayerischen Serien, aber auch bei vielen internationalen Produktionen. Alle aufzuzählen ist schier unmöglich. Wolfgang Maier hat alle Rollen gespielt, die man sich vorstellen kann. Alles kleine Rollen, Komparserie. Aber das mit Leidenschaft.
Im vorigen Jahr spricht er mich auf dem Viktualienmarkt an, als ich mit einer Bekannten gerade die blaue Stunde fotografiere. Schnell kommen wir ins Gespräch und tauschen die Telefonnummern aus. Letzte Woche haben wir uns in seiner Wohnung in Fürstenried getroffen und ich war erschlagen von der Menge an Ordnern. Jede Schranklücke in jedem Zimmer ist ausgefüllt. Alles akkurat geordnet.
Aufgewachsen ist Herr Maier, heute 65, in einem Kinderheim und mit 18 – da war man damals noch nicht volljährig – bekam er mitgeteilt, dass er am nächsten Tag eine Lehrstelle als Spengler beginne. Schwindelfrei war er nicht, den größten Teil des Tages aber arbeitete er auf Dächern, auch warf der Meister hin und wieder mit Bierflaschen nach seinen Mitarbeitern. So suchte er sich auf eigene Initiative eine Lehrstelle in seinem Traumjob: Kfz-Mechaniker. Durch einen Unfall konnte er dann diesen Beruf nicht mehr ausüben und durch einen Zufall nahm sein Leben eine krasse Wendung: Als er bei einem Dreh in der Innenstadt zuschaute, sprach ihn ein Bekannter aus dem Drehteam an, dass ein Komparse, ein Polizist, ausgefallen wäre und ob er nicht schnell mal in die Polizeiuniform springen könne, um auszuhelfen.
Nach dem Einsatz ließ er sich noch mit dem Hauptdarsteller fotografieren – glaubte er doch, dies sei eine einmalige Geschichte. Von da an wurde er immer wieder angefragt, weitergereicht – und es öffnete sich eine völlig neue Welt. Maier machte eine Ausbildung als Fotomodell und Dressman, war bei vielen Fotostorys von "Bravo" und "Mädchen" dabei, lächelte als Förster, Arzt, Bergbauer von den Titelseiten vieler Heimatromane und spielte und spielte. Die Bavariastudios, München und Umgebung wurden sein Arbeitsplatz und bestimmt haben wir ihn unwissentlich schon oft gesehen. Immer machte er ein Selfie mit den Stars und sammelte alles. So befinden sich nicht nur Bilder in seinen Ordnern, sondern auch viele Informationen zu den Filmen. Eine unglaubliche Sammlung, eigentlich Guinnesbuchreif. Als die Kinder erwachsen wurden und auszogen, war Platz für ein Büro und viele neue Stapelmöglichkeiten für die ständig wachsende Sammlung.
An seinem Schreibtisch verbringt Maier viele Stunden. Es macht ihm kein Problem, schnell ein bestimmtes Foto zu finden. Wolfgang Maier fotografiert analog, mit einer kleinen Sucherkamera und auf Film, besitzt keinen Computer – und das soll auch so bleiben. Beim Abschied schnell noch ein gemeinsames Selfie. Eigentlich zwei, denn seit ein Foto mit Peter Frankenfeld nichts geworden war, gibt’s immer einen Sicherheitsschuss.
In diesem Sinne eine schöne Woche,
Sigi Müller
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