München: Weltstadt und Dorf!
Dörflicher Charme beim Kirchenbesuch. Und zum Frühstück in der Lamontstraße treffen Radler auf Luxuskarossen: Hier schreibt AZ-Leser Thomas Koch über sein Viertel.
Bogenhausen - München: Weltstadt oder Dorf? Weltstadt und Dorf! Besonders beeindruckend vereint ist das im alten Bogenhausen, sonntags um neun Uhr beim Gottesdienst in der „Dorfkirche“ St. Georg.
Die Organistin singt mit glockenhellem Sopran das Kyrie und Halleluja, dass man denkt, die putzigen Engelsfiguren über dem Altar würden gleich mit einstimmen.
Der über 70-jährige Prälat predigt klug und mit unermüdlichem Engagement. Er bezieht Position und vermittelt, dass es ihm ernst ist mit dem Glauben und mit seiner Gemeinde. Nach der Messe begrüßt er jeden mit Handschlag, und das sind nicht Wenige.
Die, die kommen, kennen sich und haben „ihre“ Plätze in der fast 250 Jahre alten Pfarrkirche: Eltern mit Kindern, junge und ältere Paare, Alleinkommende, die sich freuen, ihre vertrauten Nebensitzer in den harten Holzbänken zu treffen.
Die Bänke sind ohne Polster und ohne Heizung. Selbst im Hochsommer ist es frisch. Im Winter ist es eisig. Da sieht man den Atem des Prälaten beim Predigen. Aber sie sind immer da, alle, die sich kennen.
Gemeinsam singen, beten, nach dem Vaterunser zum Friedensgruß die Hände reichen und auf dem Kirchhof noch ein bisschen plaudern, vielleicht dem Erich Kästner, der Lisl Karlstadt oder dem Rainer Werner Fassbinder noch eine Blume aufs Grab legen, so als seien sie auch immer dabei gewesen.
Danach zum Bäcker in der Lamontstraße. Da trifft man sich wieder, ist zu Fuß gekommen, mit dem Radl, mit dem alten Schrottauto oder der blitzenden Luxuskarosse, kauft sich Semmeln zum Frühstück, lächelt sich zu und wünscht sich einen schönen Sonntag. München eben. Schön.
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