München: Traditionsgeschäft Klavier Hirsch zieht um - nach 104 Jahren

Die Traditionsfirma Klavier Hirsch residiert seit 1914 am Sendlinger- Tor-Platz. Jetzt zieht der Laden um nach Obergiesing.
Bettina Funk |
X
Sie haben den Artikel der Merkliste hinzugefügt.
zur Merkliste
Merken
0  Kommentare
lädt ... nicht eingeloggt
Teilen  AZ bei Google News
Direkt am Sendlinger-Tor-Platz, am Eck zur Lindwurmstraße ist das Traditionsgeschäft - noch.
Google Earth 3 Direkt am Sendlinger-Tor-Platz, am Eck zur Lindwurmstraße ist das Traditionsgeschäft - noch.
1914: Umzug in den nagelneuen Laden am Sendlinger Tor.
Archiv Klavier Hirsch 3 1914: Umzug in den nagelneuen Laden am Sendlinger Tor.
1888: Die Keimzelle des Geschäfts war am Färbergraben.
Klavier Hirsch Archiv 3 1888: Die Keimzelle des Geschäfts war am Färbergraben.

Isarvorstadt - Seit 104 Jahren werden bei Klavier Hirsch am Sendlinger Tor Klaviere und Flügel verkauft. Zu den Kunden gehörten (und gehören) unter anderem Udo Jürgens, Peter Maffay, Jazzpianist Oscar Peterson oder Phil Collins. Jetzt aber steht ein großer Umzug bevor.

Bereits vor 130 Jahren, im Jahr 1888, eröffnete der Klavierbauer Georg Oetter in der Fürstenfelder Straße sein erstes Geschäft. Der tat sich dann einige Jahre später mit Carl Hirsch zusammen – und der Klavierladen konnte in die Räume am Sendlinger-Tor-Platz ziehen. Zum Laden gehörte schon damals eine Werkstatt, in der Klaviere und Flügel repariert und restauriert wurden.

1933 starb Carl Hirsch und seine Ehefrau Elisabeth führte das Unternehmen bis zu ihrem Tod 1941 weiter. Während des Weltkrieges wurde das Geschäft kommissarisch durch einen Prokuristen geleitet, da sich der Sohn Anton Hirsch im Kriegsdienst befand. 1945 zerstörte dann eine Brandbombe große Teile des Gebäudes – seither hat das Haus ein Stockwerk weniger. Die im Geschäft gelagerten Instrumente waren nach dem Krieg aber allesamt verbrannt.

Ein echtes Familienunternehmen

Als Anton Hirsch aus der Kriegsgefangenschaft zurückkehrte, machte er sich an den Wiederaufbau des Ladens, und so wurde dieser bald wieder das zweitgrößte Klavierunternehmen Münchens. 1983 starb Anton Hirsch und seine Frau Verene Hirsch übernahm die Firma. 1989 traten dann die beiden Kinder von Anton und Verena Hirsch in das Familienunternehmen ein. Tochter Elisabeth ist gelernte Bankkauffrau, ihr Bruder Carl ist Klavierbauer. Gleichzeitig baute die Familie den Kundendienst und die Werkstätten aus. Seit 2013 arbeiten auch die beiden älteren Söhne von Carl Hirsch, der Musikfachhändler Christian und der Klavierbauer Maximilian, im Unternehmen mit. 2014 kam dann auch der dritte Sohn, Klavierbauer Andreas Hirsch, hinzu. Es arbeiten also mittlerweile drei Generationen neben- und miteinander in der Werkstatt und im Ladengeschäft.

„Was uns verbindet, ist die Liebe zum Instrument“, erzählt Elisabeth Hirsch-Hüttenhofer. Aber: „Beim Klavierspielen ist niemand von uns ganz besonders talentiert. Wir spielen alle eher auf Amateur-Niveau.“ Nun steht ein großer Umbruch im Familienunternehmen an: Laden und Werkstatt ziehen vom Sendlinger Tor nach Obergiesing. „Meine Neffen haben den Umzug in die neuen Räume vorangetrieben“, erzählt ihre Tante Elisabeth Hirsch-Hüttenhofer. Die Räume am Sendlinger-Tor-Platz seien einfach zu verwinkelt. Ein großer Teil der rund 40 Klaviere und Flügel steht im ersten Stock. Dorthin gelangen die Kunden nur über eine enge Treppe. Im neuen Laden an der Tegernseer Landstraße 135 soll das anders werden. „Dort haben wir rund 300 Quadratmeter Verkaufsfläche im Erdgeschoss“, so Elisabeth Hirsch-Hüttenhofer.

Im neuen Laden wird vieles einfacher

Das habe den Vorteil, dass die Instrumente nebeneinanderstehen werden und die Kunden sie so besser miteinander vergleichen können. Hirsch-Hüttenhofer: „Hier im Stammgeschäft stehen sie außerdem teilweise auf Parkett und teilweise auf Teppichboden. Das verändert den Klang.“ Außerdem ist es auch ein logistischer und finanzieller Aufwand, die bis zu 450 Kilogramm schweren Flügel in den ersten Stock zu bringen. Auch das soll nach dem Umzug deutlich vereinfacht werden. „Unsere vierte Generation ist sehr zukunftsorientiert“, erzählt Elisabeth Hirsch-Hüttenhofer. Und das, obwohl die Nachfrage nach den Instrumenten deutlich abgenommen hat. „Die Branche ist in den letzten Jahren sehr nach unten gegangen“, sagt sie.

Die Instrumente sind schließlich auch nicht gerade ein Schnäppchen. Die Preise für die Klaviere liegen im Laden zwischen 4000 und 40 000 Euro. Flügel fangen bei rund 12.000 Euro an. Modelle der Spitzenklasse liegen bei 170.000 Euro. Im Internet werden auch billigere Instrumente angeboten – bei Klavier Hirsch stimmt jedoch die Qualität, das geht schon bei den Einsteigerklaviere los.

Dennoch ist die Faszination für die glänzenden Klaviere und imposanten Flügel nach wie vor da, sagt Elisabeth Hirsch-Hüttenhofer: „Es kommen immer wieder Kinder und Jugendliche, die fragen, ob sie die Instrumente anschauen dürfen.“

Bis Mitte Oktober geht das noch im Laden am Sendlinger Tor, danach geht es in Obergiesing an der Tegernseer Landstraße 135 weiter. Und darauf freuen sich schon alle drei Generationen – auch wenn’s natürlich ein Einschnitt ist nach 104 Jahren.

So haben Sie das alte München noch nie gesehen

 

Lädt
Anmelden oder registrieren

Zum Login
Zu meinen Themen hinzufügen

Hinzufügen
Sie haben bereits von 15 Themen gewählt

Bearbeiten
Sie verfolgen dieses Thema bereits

Entfernen
Um "Meine AZ" nutzen zu können, müssen Sie der Datenspeicherung zustimmen.

Zustimmen
 
0 Kommentare
Bitte beachten Sie, dass die Kommentarfunktion unserer Artikel nur 72 Stunden nach Veröffentlichung zur Verfügung steht.
Noch keine Kommentare vorhanden.
merken
Nicht mehr merken
X

Sie haben den Inhalt der Merkliste hinzugefügt.