München: Leben im Lehel in den 1920er Jahren

Friedrich Scholze hat der AZ alte Fotoalben seiner Familie gezeigt, die vor 100 Jahren über dem Café Neptun im Lehel lebte.
von  Thilo Schröder
Hannerl Hofbauer mit 17 Jahren im Faschingskostüm.
Hannerl Hofbauer mit 17 Jahren im Faschingskostüm. © Fritz Scholze Archiv

Lehel - Ein Eckhaus im Lehel, Kreuzung Steinsdorfstraße/Zweibrückenstraße. Wenige Meter entfernt fließt die Isar vorbei, spannt sich die erst kürzlich fertiggestellte Ludwigsbrücke zum anderen Ufer. Auf der Steinsdorfstraße, dem Haus zugewandt, steht ein Schutzmann, der den Verkehr regelt. Auf einem weißen Schild neben dem Eingang wird ein Künstlerkonzert angespriesen. Im ersten Stock, mit Veranda, über dem damaligen Café Neptun, hat vor fast hundert Jahren Hannerl Hofbauer mit ihrer Familie gewohnt.

Fritz Scholze zeigt die Sammlung mit alten Bildern seiner Familie.
Fritz Scholze zeigt die Sammlung mit alten Bildern seiner Familie. © Petra Schramek

Ihr Sohn Friedrich Scholze (84) besitzt fünf Fotoalben mit Schwarz-Weiß-Aufnahmen, mehrheitlich aus den 20er Jahren, die davon Zeugnis geben. Die beschriebene Szene ist auf den 4. September 1928 datiert. "Die Aufnahmen hat mein Großvater gemacht", erzählt Scholze. Später zog die Familie nach Neubiberg, Scholze selbst wohnt seit seiner Geburt in Waldperlach.

Lehel heute: Italienisches Restaurant statt Veranda mit Isar-Blick

Die teils nachträglich eingefärbten Fotografien, liebevoll eingerahmt und akkurat beschriftet, geben Einblick in die Lebenswelt der Familie. Sein Großvater, sagt Scholze, sei Kfz-Ingenieur gewesen. Entsprechend häufig sind Automobile auf den Bildern zu sehen.

Eines zeigt zum Beispiel Hannerl Hofbauer als junge Frau hinter dem Steuer eines Opel, Baujahr 1926. Ein anderes zeigt die zu diesem Zeitpunkt 17-Jährige im Faschingskostüm. Auf einem weiteren lächelt die Familie, auf der heimischen Veranda versammelt, in die Kamera. "Vom Geländer aus hat man die Isar sehen können", sagt Scholze. Und auch Scholze selbst ist auf einem Foto zu sehen, als kleiner Bub auf dem Arm einer Tante neben seiner Mutter Hannerl.

Wo die Hofbauers einst wohnten, war später die Schnellrestaurantkette Wienerwald beheimatet. Heute ist am Standort des Eckhauses ein italienisches Restaurant untergebracht. Eine Veranda, von der aus man, bei sommerlichem Wetter im Freien sitzend, den Isar-Blick genießen könnte, gibt es dort nicht mehr.

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