München - Ex-Oberbürgermeister Hans-Jochen Vogel: "Hendl gehören nicht auf den Olympiaturm"

Als damaliger Oberbürgermeister Münchens war Hans-Jochen Vogel quasi Bauherr des Olympiaturms. In der AZ erinnert er sich an die Entstehungsphase.
von  Florian Zick
22. Februar 1968: Oberbürgermeister Hans-Jochen Vogel (rechts) eröffnet den Olympiaturm - der Andrang ist enorm.
22. Februar 1968: Oberbürgermeister Hans-Jochen Vogel (rechts) eröffnet den Olympiaturm - der Andrang ist enorm. © Heinz Gebhardt

München - Hans-Jochen Vogel (SPD) hat vor einigen Tagen seinen 92. Geburtstag gefeiert. Das Gedächtnis spielt inzwischen nicht mehr ganz so mit, wie er das gerne hätte. Als die AZ ihn um ein Interview zum Olympiaturm bittet, sind ihm viele Anekdoten aber sofort wieder präsent.

AZ: Herr Vogel, der Olympiaturm ist in Ihrer Amtszeit gebaut worden. Bedeutet es Ihnen etwas, dass der Turm bis heute ein Wahrzeichen der Stadt ist?
HANS-JOCHEN VOGEL: Das freut mich schon, dass der Olympiaturm in meiner Amtszeit entstanden ist. Olympiaturm hieß er damals aber noch gar nicht. Wir hatten den Bau ja beschlossen, bevor wir uns für Olympische Spiele überhaupt beworben hatten. Im Rathaus firmierte der Turm zunächst eher unter dem Namen "Schuldenstangerl".

"Das war schon eine relevante Summe"

Schuldenstangerl? Dabei hat der Turm doch bloß 22,8 Millionen D-Mark gekostet - spottbillig für heutige Verhältnisse.
Die Stadt hat auch gar nicht die ganze Summe gezahlt. Die damalige Bundespost hat sich mit acht Millionen an den Kosten beteiligt. Die Postler waren es ja auch, die den Bau forciert haben. Die Bundespost hatte damals nur eine kleinere Antennenanlage an der Blutenburgstraße, nur so um die 50 Meter hoch. Deshalb gab's immer mehr Schwierigkeiten mit dem Rundfunk und der Fernsehübertragung. Die Post ist deshalb schon 1962 wegen eines höheren Antennenbauwerks an die Stadt herangetreten.

Waren 22,8 Millionen denn viel für die damalige Zeit?
Das war schon eine relevante Summe, aber auch nichts, was uns den Haushaltsplan hätte explodieren lassen. Bevor wir die Zusage für die Olympischen Spiele bekamen, hatten wir zum Beispiel schon ein Stadion für die Stelle geplant, wo heute das Olympiastadion steht. Das hätte höchstens 30 Millionen D-Mark gekostet. Es waren halt andere Zeiten.

Und wie kam es dann zu der Bezeichnung "Schuldenstangerl"?
Ach, das war eher eine witzig gemeinte Bemerkung der Opposition im Stadtrat. Ludwig Schmid, damals Chef des Hausbesitzervereins, und sein parteifreier "Münchner Block" wollten uns ein bisschen ärgern. Das war aber alles eher heiter.

Man hätte auch sagen können "schiefes Stangerl". Der Turm hat schließlich eine minimale Schräglage. Die AZ titelte damals: "Gerade noch gerade".
Die Schräglage muss aber wirklich sehr minimal sein. Daran erinnere ich mich nämlich gar nicht mehr. Dafür aber daran, dass der Bau des Turms planmäßig und vollkommen im Zeitrahmen von der Hand ging.

Am 10. August 1965 war Grundsteinlegung, zweieinhalb Jahre später Eröffnung.
Das ging ruckzuck. 533 Tage Bauzeit. Da hat man schon gemerkt, dass die Baufirma Alfred Kunz & Co. davor schon andere Fernsehtürme hochgezogen hat. Denen muss man im Nachhinein schon noch einmal ein Kompliment machen.

"Wir waren oft oben - erst kürzlich wieder"

Finden Sie "Olympiaturm" eigentlich eine gute Namenswahl?
Ja, ich finde den immer noch sehr passend. Was ich aber gerne herausstellen möchte: Mich freut es vor allem, dass am Turm der Georg-Brauchle-Ring vorbeiführt. Georg Brauchle war in meiner Zeit Zweiter Bürgermeister und hat sich sehr für den Olympiaturm eingesetzt.

Wie oft waren Sie eigentlich oben auf dem Turm?
In meiner Amtszeit waren das unzählige Male. Meine Frau und ich haben ja lange in der Nähe gewohnt. Wir waren oft oben - erst kürzlich wieder mit einem befreundeten Ehepaar. Das ist aber auch eine tolle Rundum-Sicht, die man dort oben hat.

Fast hätte man da oben auf ein riesiges Hähnchen geschaut.
Ja, Wienerwald war damals noch Vertragspartner für die Gaststätte. Die wollten gerne, dass sich an der Turmspitze ein Hendl dreht. Aber das haben wir als Stadt abgelehnt. Das wäre viel zu kommerziell gewesen. Hendl gehören auf die Wiesn, nicht auf den Olympiaturm.

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