München-Allach: Warum lässt die Stadt dieses Grundstück seit Jahren leerstehen

Fast zwei Jahrzehnte lässt die Stadt ein Wohnhaus in Allach mit riesigem Garten ungenutzt herumstehen – trotz Wohnungsnot. Was dahinter steckt.
Allach - Von der Straße aus wirkt es eher unscheinbar. Schmutzig braun die Außenwand, neun kleine Fenster, eine alte Holztür mit Glasfenster. Davor eine Art Bauzaun, der mit dem Gehweg abschließt. Wer aber hinters Haus schaut, an der Eversbuschstraße 155 in Allach, kann nur staunen. Hier leuchtet die Fassade sonnengelb, das Haus hat einen charmanten Zuschnitt – und: Es zieht sich ein riesiges Wiesengrundstück bis zur Würm hinunter, die friedlich durch Allach gen Norden plätschert.

Man kann es nicht anders sagen: ein Traum. Warum dort niemand wohnt? "Steht schon fast 20 Jahre leer", sagt ein Nachbar von gegenüber und schüttelt den Kopf: "Da können Sie nicht einziehen. Das gehört der Stadt." Seltsam, denkt man da, wo doch die Stadt sich die Bekämpfung der Wohnungsnot auf die Fahnen geschrieben hat, und jedem privaten Eigentümer auf die Füße steigt, der Wohnraum leer stehen lässt.
Das Haus weist heute schwere Mängel auf
Aber der Mann hat Recht. 2001, vor 17 Jahren, ist der letzte Mieter aus dem Gebäude von 1890 ausgezogen. Seither ist dort niemand mehr. Dabei gibt es gleich vier Wohnungen im Haus, das auf zwei Stockwerken 190 Quadratmeter Wohnfläche hat. Die Klingelschilder sind noch zu sehen auf der Rückseite neben der Eingangstür.

Im städtischen Kommunalreferat, das für die Immobilien der Stadt München zuständig ist, ist zu erfahren, dass das Gebäude Teil eines städtischen Grundstücks ist, das bis hinüber zur Hausnummer 161 reicht (dort steht eine Vereinsheim-Villa).
2002 habe das Haus ein sogenanntes "Negativ-Attest" bekommen. Es sei "unzumutbar", dort zu wohnen, weil Räume "schwere Mängel und Missstände aufweisen", heißt es in dem Papier.
Die Rede ist von Feuchtigkeitsschäden, unter "wirtschaftlich zumutbarem Aufwand" könnten die Wohnungen nicht wieder für Mieter hergerichtet werden.

Man plante dann, das Gebäude abzureißen. Sieben Jahre allerdings passierte nichts. Bis 2009 eine Denkmalschutzprüfung das Haus unter Ensembleschutz stellte – weil die Experten des Landesamts das Nachbarhaus auf Nummer 159, einen alten Bauernhof, überraschend als Denkmal erkannten. Um 1621 sei der gebaut worden, brachten Nachforschungen ans Licht. Damals sei das ein "Edelsitz" gewesen (später ein Kinderheim, Schulhaus und eine Polizeistation). Das Leerstandshaus war wohl ein Arbeiterwohnhaus zum Hof nebenan. Demnach sei das ganze Ensemble zu erhalten. Ziemlich unpraktisch, wenn man überlegen möchte, das Grundstück vollständig zu überplanen.
Erst hat Kommunalreferent Axel Markwardt, der oberste Immobilienverwalter der Stadt, deshalb ein "Gegengutachten" ins Auge gefasst (aber nie in die Gänge gebracht). 2013, vier Jahre später, wollte dann das Kulturreferat prüfen, ob sich eine kulturelle Nutzung des Grundstücks anbietet.
Im März 2016 schien endlich Bewegung in die Sache zu kommen: Da ging dem örtlichen Bezirksausschuss Allach-Untermenzing der Bescheid zu, dass es den Bedarf gebe für den Bau eines Bürgerzentrums. Zeitgleich ließ Markwardt in einem Wochenblatt verkünden, dass sein Amt an einem Konzept für eine "Mindestsanierung" des leeren Hauses arbeite, damit dort ein privater Kindergarten einziehen kann.
So will das Kommunalreferat mit dem Haus verfahren
Eilig hat es die Verwaltung damit offenbar nicht gehabt. Denn heute, mehr als zwei Jahre später, gibt es noch immer kein Konzept zur Sanierung. Eine Zwischennutzung sowieso nicht. Warum nicht? Weil die Bausubstanz noch nicht untersucht sei, erklärt ein Sprecher des Kommunalreferats auf AZ-Anfrage. Das müssten Experten aus dem Baureferat machen, das werde "in absehbarer Zeit" gemacht. Einen fixen Termin dafür gebe es allerdings nicht. Denkbar, dass Grundleitungen erneuert werden müssen, auch die Elektrik, und dass man etwas gegen die Feuchtigkeit unternehmen muss. Ein grober Kostenrahmen? Sei deshalb freilich auch noch völlig unklar.
Wie also könnte es weitergehen für das leere Haus? "Die Sanierung soll so bald wie möglich starten", erklärt Kommunalreferent Markwardt auf Nachfrage. Das Problem wird wohl seine Nachfolgerin übernehmen müssen, die Noch-Stadträtin Kristina Frank. Im August geht der Referent nämlich in den Ruhestand.